Dass gerade eine Band wie Buckcherry, die vom tiefsten Inneren ihres Herzens bis zu den Outlines ihrer mannigfachen Tätowierungen so herrlich alte Los Angeles-Rock-Schule repräsentiert, einmal von neumodischen Kram wie Blackberrys, Myspace und dem Internet profitieren, sich neu profilieren und auch in Chart-relevanten Barometern erfolgreich re-positionieren würde, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Dabei liegt das Lachen über Trendhechelei und jeglicher ‘Ist das denn noch zeitgemäß’-Heuchelei definitiv auf Buckcherrys Seite (siehe unten) und bei denjenigen, die sich von Zeitgeist-Schmu nicht einlullen lassen, sondern es wie eh und je vorziehen, einfach nur gerade heraus abzurocken. Und das kann man mit dem aktuellen Werk ‘Fifteen’ absolut.

Bereits Ende der Neunziger waren Buckcherry für identitätsverwirrte Grunge-Zweifler so etwas wie die rettenden Ritter alt-ehrwürdiger Traditionen. Zugestochen und zugezogen machten die Jungs schon damals genauso wenige einen Hehl um ihrem Drogengenuss und Groupie-Konsum (oder war es andersherum?), wie aus ihrer Liebe zum klassisch-dreckigen Urgestein-Rock’n’Roll zwischen Aerosmith und AC/DC.

Nur ein Album später war dann leider erst mal Schluss mit lustig und Buckcherry auf Grund von Plattenfirmen-Querelen und inneren Streitigkeiten so ausgebrannt wie jeder, der in der Zeit von 2001 bis heute außerhalb von Skandinavien seine Sucht nach purer Cock-Rock’n’Roll-Reinheit befriedigen wollte. Doch dann geschah es. Während die beiden ursprünglichen Bandinitiatoren Josh Todd (Gesang) und Keith Nelson (Gitarre) sich nach längerer Auszeit erneut am Riemen rissen, um gemeinsame Songsache zu machen, erhoben sich simultan die Überreste eines anderen einst übermächtigen Phönix der Rock-Engelsstadt aus der Zigarettenasche unter den Trommelstöcken, Bass-Saiten und dem obligatorischen Zylinder. Josh erinnert sich: “Im April 2002 fand dieses Randy Castillo-Tribut-Konzert (Ozzy Osbourne-Schlagzeuger von 1985 bis 1993) statt, bei der wir zusammen mit Slash, Matt und Duff auf der Bühne gespielt haben, und es gab einen riesigen Rummel in L.A. um die ganze Sache. Keith und ich waren zu der Zeit gerade dabei, Songs für ein neues Buckcherry-Album zu schreiben und hatten einfach Bock darauf, endlich mal wieder in einer Band zu spielen. Und den anderen Jungs ging es genauso. Also haben wir uns danach für anderthalb Monate zusammen getan, Songs geschrieben und geprobt. Letztlich hat es dann doch nicht so funktioniert. Später wurde daraus dann das GN’R-Projekt und anschließend dann Velvet Revolver, aber da waren wir schon längst wieder von der Bildfläche verschwunden.” Keith ergänzt: “Es war eine tolle Erfahrung und es war echt klasse, mit den Jungs zu spielen. Im Endeffekt hat es sich für alle Beteiligten aber doch zum Besten entwickelt. Sie haben jetzt Velvet Revolver, und wir sind als Buckcherry wieder richtig am Start. Das möchte ich auch gar nicht tauschen.”

Und Tatsächlich sind Josh und Keith mit neuen Mitstreitern als Buckcherry wieder so richtig dabei. Nachdem man ‘Fifteen’ in nur knapp 14 Tagen komplett auf eigene Kosten und Mühen eingerockt hat, tritt der vier Jahre alte Songs ‘Crazy Bitch’, der eigentlich gar nicht auf das Album, geschweige denn als erste Single veröffentlicht werden sollte, bis zum heutigen Tage eine wahrlich unglaubliche Erfolgslawine los. Keith: “Wir wollten eigentlich ausschließlich ganz neue Sachen schreiben und verwenden, haben uns aber dann letztendlich doch dafür entschieden, den Song noch auf das Album zu nehmen und als neues Lebenszeichen von uns ins Internet zu stellen. Daraufhin haben Satelliten- und Webradio-Sender angefangen, das Teil rauf und runter zu spielen. Es wurde auf einmal zu einem der meist gewünschten Songs. Also sind wir dieser Fan-Nachfrage nachgekommen und haben ihn dann doch noch regulär als Single rausgebracht. Sechs Monate später ist dieser Song jetzt immer noch in den Charts und in den Spiellisten. Eine echte Epidemie, das hätten wir uns so wirklich nie vorgestellt!” Dass ein unintendierter Hit der schönste Beweis für ein Geschmacksverständnis jenseits von Marktanalysen und Zielgruppenpotenzial-Evaluationen ist, tut dem Glauben an eine erneute Revolution des authentisch-ehrlichen Rocks keinen Abbruch. Im Gegenteil, wenn Tradition und Moderne(s) auch in anderen Fällen demnächst so schön Hand in Hand gehen, kann man als Hard Rock-Hardliner also wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Dream on? Rock on!