Diesen Freitag (09.01.09) kommt “Merriweather Post Pavilion”, das neunte Animal Collective Album, in die Läden. Vorab führte motor.de noch ein persönliches, “überirdisches” Gespräch mit Sänger David Porter.

Escapism Is Not Freedom!” warnte einst die marxistische Pop Group. Und nun kommen Animal Collective und behaupten das Gegenteil: Auf ihrem sechsten Album “Merriweather Post Pavilion” feiern sie ein rauschhaftes, weltfremdes Lebensgefühl. Sänger David Portner aka Avey Tare erklärt im persönlichen Gespräch, was es damit auf sich hat.

Glückwunsch, nur eineinhalb Jahre nach eurem letzten Album “Strawberry Jam” und dem Soloausflug eures Kollegen Panda Bear beweist das neue Werk, wie sehr ihr dem Zeitgeist voraus seid!

David Portner: Danke schön. Ich muss allerdings zugeben, dass wir mit dem Vorgänger schon ein knappes Jahr vor Veröffentlichung fertig waren und uns damals schwer taten loszulassen. “Strawberry Jam” spaltete die Band in gewisser Weise: Während ich vollkommen überzeugt war, dass dieses Album alles zusammenfasst, was Animal Collective über Jahre versuchten zu erreichen, wollte Noah (Panda Bear, Anm. d. R.) einen Schritt weitergehen. Inzwischen ist er aber der Überzeugung, dass der eingeschlagene Weg richtig war.

Etwas das euch damals auch viele Kritiker vorwarfen: Panda Bears “Person Pitch” sei mutiger und kreativer gewesen als die parallel veröffentlichte Bandplatte.

David Portner: Vielleicht war das so, keine Ahnung. Mir persönlich ging es schon immer darum, dass viele urbane Einflüsse auf unseren Alben zu hören sind und nicht die in den Kritiken kursierenden Folk-Elemente. Überall stand, Animal Collective seien Vertreter des Weird Folk und ich dachte mir: Weird ja, Folk nein! (lacht) Jetzt bin ich sehr glücklich mit den ersten Reaktionen anlässlich “Merriweather Post Pavilion”. Selbst Noah ist mit der Platte völlig einverstanden.

Ging es euch diesmal um mehr Improvisation? Im Vorfeld war der Name Terry Reily zu vernehmen – ein Musiker, der für seine ausschweifenden Konzerte bekannt ist.

David Portner: Wir stecken regelmäßig die Köpfe zusammen und diskutieren über alle möglichen Dinge. Dabei kamen wir vor einiger Zeit auf Terry Reily und seine ungebremste Spielfreude. Er kannte keinerlei Grenzen, muckte auf seinen Konzerten oftmals zehn, zwölf Stunden am Stück und gehört zu den Pionieren der Spät-60er Minimal-Komposition. Während Reily Musik machte, konnte er alles um sich herum vergessen und sorgte innerhalb seines Publikums für Trancezustände. Das inspirierte uns sehr!

Forscht man im Netz, was sich hinter dem “Merriweather Post Pavilion” verbirgt, stößt man auf einen Ort in Columbia/Maryland – nicht unweit eurer Heimat Baltimore.

David Portner: Das ist vollkommen korrekt. Es gibt dort ein Theater, welches wir früher oft benutzt haben, um Konzerte zu geben. Jetzt wollten wir dieses längst verschollene, naive Gefühl wiederentdecken. Dabei konzentrierte sich jeder ganz auf sich selbst und weil die Schönheit der dortigen Natur durch das wechselhafte Wetter beeinflusst wird, fingen wir an Songs über die Sonne oder den Regen zu schreiben. Verrückt, aber so funktionierte es.

Animal Collective – Peacebone

Es gibt die Annahme, dass der Eskapismus immer da zu finden ist, wo der Mensch mit dem Irdischen überfordert ist und ein Schlupfloch sucht, das ihn in eine friedfertigere Welt führt. David Portner ist von dieser Theorie wenig überzeugt. Schließlich habe alles Einfluss auf unser Handeln und wenn wir es für richtig halten, eine Auszeit einzulegen, ist das halt so.

Was Animal Collective damit sagen wollen: Die Grenze zwischen Authentizität und Konstrukt ist fließend. Für sie selbst aber uninteressant. Ihr neues Album “Merriweather Post Pavilion” kann ein Lied davon singen und tut dies in einer Brillanz, wie wir sie im Hier und Jetzt selten erleben!

Marcus Willfroth

Animal Collective – Merriweather Post Pavilion

VÖ: 09.01.09

Label: Domoino (Indigo)

Tracklist:

01. In The Flowers
02. My Girls
03. Also Frightened
04. Summertime Clothes
05. Daily Routine
06. Bluish
07. Guys Eyes
08. Taste
09. Lion In A Coma
10. No More Runnin
11. Brother Sport