Natürlich sollte längst jeder wissen, dass China kein Land der mausgrauen Parteisoldaten im Einheitslook mehr ist. Aber die Bilder, die Musikjournalistin Susanne Messmer und Autor und Labelmacher George Lindt („Lieblingslied Records“) aus Peking mitbringen, überraschen dennoch. In der Subkultur der chinesischen Hauptstadt geht es nicht viel anders zu als in anderen Rock- und Punkszenen: man trägt Ramones-Shirts und Nietengürtel, hat die Haare schön wuschelig und gefällt sich in Konsum- und Gesellschaftskritik. Und Mädels, die auf Peaches stehen, pinkeln bei einem Gig auch mal auf die Bühne.
Teilweise heimlich und mit versteckter Kamera begleiteten die Filmemacher die Punkband Joyside, aber auch die Bluescombo Sha Zi, die Folktruppe T9 und andere Musiker abseits des Mainstream-Gedudels. Die Widersprüche und Gegensätze, auf die sie dabei stoßen, sind nicht zuletzt dann reizvoll, wenn man an vergleichbare Szenen bei uns denkt. So vieles kommt einem bekannt vor (ohne die finanzielle Unterstützung der Eltern wäre Punkmusik als Lebensmittelpunkt selten möglich!), und doch sind die gesellschaftlichen Strukturen, gegen die man sich auflehnen kann, so vollkommen anders.
Statt eine Geschichte zu erzählen (wie es aktuell etwa „Full Metal Village“ tut), belassen es die deutschen Dokumentarfilmer bei oft flüchtigen Momentaufnahmen zwischen Reportage und Homevideo, in denen Politik und größere Zusammenhänge nicht immer Platz finden. Einen spannenden Eindruck von der nicht eben alltäglichen Kombination aus Punk und China vermitteln sie trotzdem. Musikalisch brodelt es ohnehin ordentlich, schließlich ist Rock’n’Roll eine Sprache, die man auf der ganzen Welt spricht.

Text: Patrick Heidmann