Wenn man als Band vor der Aufnahme des berühmten “Debüt-Nachfolgealbums” steht, dann dreht es sich nicht nur darum, wo und mit wem man produzieren wird. Vielmehr ist der Inhalt – also das, was später einmal durch die Lautsprecherboxen den Konsumenten erreichen soll – von größter Wichtigkeit. Vielen Bands liegt das, was dereinst Album werden soll, oftmals schon in Rohfassung vor: Auf der Tour geschriebenes oder im eigenen Proberaum entstandenes Material muss dann aber noch seinen Feinschliff erhalten. Dumm nur, wenn alles auf einen Schlag vom Erdboden verschluckt wird – gestohlen, verloren oder anderweitig abhanden gekommen.
So geschehen bei den Brüdern Greg und Aaron Gilbert, die zusammen mit Colin und Rowley Fox die Delays ergeben. Ihr Debütalbum “Faded Seaside Glamour” erzielte 2003 in der Indie-Landschaft beachtlichen Erfolg. Zwei Jahre später stand das Quartett praktisch mit einem Fuß im Studio, als Aaron Gilbert eine Disk mit rund 100 Demos verschlampte. Wie groß der Schock, war erzählt Bassist Colin Fox: “Auf einer Skala bis zehn sicherlich Nummer neun. Es waren einige harte Tage, besonders für Aaron, weil es sich in seiner Tasche befand. Aber es hat uns natürlich auch dazu gebracht, sehr schnell sehr kreativ zu werden. Es hat uns auf alle Fälle geholfen, eine bessere Band zu werden.” Dieser Aussage darf zu 100 Prozent Glauben geschenkt werden, auch wenn für das Album keine geringere Zielsetzung als folgende ausgegeben wurde: “Wir wollen die perfekte Pop-Gruppe werden.” So eröffnet den Weg in das neue Album ‘You See Colours’ mit ‘You And Me’ eine grandiose Up-Tempo-Synthie-Dance-Hymne, die mit Streichern und Glockenspiel wunderbar abgerundet ist. Nicht minder energiegeladen gerät den Jungs aus Southampton ihr Lied ‘Valentine’, der Song, der auch als erste Single im Regal stehen wird und durch wavigen Elektro-Sound überzeugt. Durch den falsettartigen Bombast der Platte fühlt man sich von Zeit zu Zeit ein wenig an Brit-Pop-Gründungsmitglieder wie Lush, The La’s oder die Stone Roses erinnert. Das Schöne an den Delays: Ihr Weg ist nicht – wie der von so vielen derzeit hippen Bands – von Gitarrenbrettern geebnet. Sie ignorieren die kantigen Soundvorgaben ihrer Ex-Labelmates Strokes oder Franz Ferdinand und orientieren sich mehr an der harmonisch-melodiösen Seite des Pop, ohne jedoch in die Weichspüler-Ecke abzudriften. Colin Fox sieht die Entwicklung im Rückblick auf ‘Faded Seaside Glamour’ besonders im gestiegenen Selbstbewusstsein, mit dem die Gruppe ins Studio ging: “Damals haben wir während der Aufnahmen gelernt, wie man ein Album produziert. Wir haben Dinge zu lange analysiert, vieles hat teilweise einfach zu lange gedauert. Wir haben uns auch zu viele Gedanken darüber gemacht wie Dinge sein sollten. Dieses Album klingt ein wenig härter aber auch rhythmischer.”
Text: Matthias Würfl
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