Wabbernde Bässe, die man förmlich fühlen kann. Unidentifizierbare Geräusche, die näher zu kommen scheinen, nur um ganz schnell wieder in den Weiten des Raumes zu verschwinden. Stimmen, die verzweifelt versuchen, durch diesen Klangteppich zu dringen. All das sind die Markenzeichen des Dubstep-Musikers Burial. Ohne dass man sich wehren könnte, drängen sich die Bilder in den Kopf. Man kann sie nicht zurücktreiben, ist wehrlos und schon nach ein paar Sekunden des Hörens läuft man mit geschlossenen Augen durch die verregneten, nebelverhangenen Straßen Londons an einem Novembertag. 

London, genauer Südlondon, ist die auch die Heimat von Burial. Und das nicht von ungefähr. Anfang des neuen Jahrtausends mausert sich der Süden der Stadt zum kreativen Epizentrum des Dubstep, ein stilistischer Bastard aus 2step, Garage und Drum’n’Bass. In jungen Jahren kann sich Burial den düsteren, elektronischen Klängen des Drum’n’Bass und Jungle nicht entziehen und beschließt, nachdem er „Special Missions“ der D&B-Urgesteine Metalheadz gehört hat, sich selbst an seinen Rechner zu setzen. Auch wenn er sich eigener Aussage nach nicht als Musiker sieht, produziert er innerhalb von sechs Jahren circa 2000 Songs am heimischen PC. Nur für sich und seine Brüder, niemand sonst. Als er eines Tages auf der Suche nach Musik über das Dub-Label Hyperdub stößt, findet Burial in Besitzer kode9 einen Gleichgesinnten. 

2006 erscheint das selbstbebetitelte Debut, was in Grunde nichts weiter ist als eine von Kode9 handverlesene Auswahl aus den existierenden Tracks. Dennoch zieht der dunkle, kreisende Sound mit den schweren Subbässen die Aufmerksamkeit der Clubszene auf sich. Um keine Aufmerksamkeit auf seine Person zu ziehen, entschließt sich Burial aber seine wahre Identität geheim zu halten. Auch zur zweiten Veröffentlichung, dem wie ein vertonter Nachtspaziergang durch die Großstadt anmutenden „Untrue“, bleibt unklar wer sich hinter dem Psyeudonym verbirgt. Für die Szene ein Umstand, der auf wenig Interesse stößt, da viele Elektro-Alben unter Pseudonymen erscheinen. Im darauf folgenden Jahr (2008) werden die Daumenschrauben enger gezogen als Burial für den renommierten Mercury Music Prize nominiert wird. Klatschblätter spekulieren über seine Identität, Blogs füllen sich mit Vermutungen und die Wettbüros der britischen Insel sehen in Burial wohl auch auf Grund seiner Anonymität den sicheren Gewinner. Anfang August 2008 hält es der Musiker nicht mehr aus und gibt im Burial Myspace-Blog seinen Namen (Will Bevan) Preis. In wie weit diese Erkenntnis den Genuss der Burial-Werke verbessert, bleibt jedoch jedem selbst überlassen.

Anna-Christin Voigt