Die beiden EPs ‘Sofa Song’ und ‘Eddie’s Gun’ haben es schon erahnen lassen. Das Debüt von The Kooks ‘Inside In/Inside Out’ schäumt regelrecht über vor jugendlichem Übermut und übertrifft die Erwartungen um Längen. Während The Kooks dem Hörer mit dem Opener ‘Seaside’ noch eine Verschnaufpause gönnt, so prescht ‘See The World’ in die Vollen. 41 Minuten Energiebombast gepaart mit Catchyness lassen das Adrenalin durch den Körper und die Lenden schießen, und The Kooks stehen dabei ihren Mann.

Das könnte was werden mit den Jungs aus Brighton. Luke Pritchard fetzt über die Bühne des Berliner Magnet Clubs wie ein kleines Wiesel und schafft es binnen Minuten, den Funken überspringen zu lassen. Was Luke Pritchard (Gesang/Gitarre), Hugh Harris (Gitarre), Max Rafferty (Bass) und Paul Garred (Drums) an diesem kalten Februartag auf die Beine stellen, ist enorm. Ohne Umwege ziehen die vier Jungsprosse das Publikum in ihren Bann. Und decken dabei ein musikalisches Spektrum ab, das bei den Kinks beginnt, einen kurzen Schwenker auf die jungen Supergrass macht und beim Reggae endet. Gradlinigkeit kann man dieser Band nicht andichten. Und das ist gut so.

Hier wird die Jugend zelebriert. Hier mischt man Facetten zusammen, die rotzfrech um die Ecke kommen und dabei spitzbübisch immer wieder verschiedene Gangarten einlegen. Hier redet man schon einmal über Erektionsprobleme und über das Verlassenwerden. Oder über die ersten zaghaften Annäherungsversuche, die leider in die Hose gehen. Aber sei es drum. Die Platte ‘Inside In/Inside Out’ trifft mit ihrer fidelen Frische direkt ins Schwarze: “Unsere Musik hat so viele Aspekte. Vielleicht sind wir stellenweise etwas unreif. Der Verdacht wird wach, wenn man sich Lieder wie ‘Eddie’s Gun’ anhört. Aber eigentlich transportiert dieses Lied eher das Gefühl, jung zu sein, unbefangen zu sein. Es ist so toll, wenn Leute uns mit Supergrass vergleichen. Unsere Musik vermittelt ein ähnliches Lebensgefühl.”
Zwei Tage später sitzt Luke Pritchard im Berliner Büro seiner Plattenfirma. Im Hintergrund dudelt ein altes Album der Rolling Stones, während er sich den ersten Drink des Tages genehmigt und immer wieder Notizen auf das Blatt vor sich kritzelt. Auch wenn manch ein Song ihres Debüts infantil daherkommt, so wirkt Luke Pritchard im Gespräch sehr reif: “Es zählt einzig und allein, dass du eine gute Platte abgeliefert hast und sie eine Bedeutung für die Leute da draußen hat. Auf all den anderen Scheiß kann ich verzichten. Ich finde es schlimm, was manchmal in der Musikbranche abläuft. Eine Band wie die Arctic Monkeys haben definitiv eine gute Platte abgeliefert. Aber all der ganze Rummel um sie herum ist unnötig. Wie sollen die Jungs mit dem ganzen Hype und das Interesse um die eigene Person klar kommen? Mich interessiert es nicht, mit wem die Jungs ficken. Ich interessiere mich nur für die Musik.”
Kurz vor dem Gespräch hatte Luke ein Interview mit einem englischen Mädchenmagazin. Immer noch leicht angefressen, resümiert er dessen Fragen und schüttelt dabei immer wieder seinen Kopf: “Wenn ein Mädchen im Publikum steht, wie kann es deine Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Wo hattest du das letzte Mal Sex? Ich habe nicht angefangen, Musik zu schreiben, um solche Fragen gestellt zu bekommen. Bei uns geht es um Musik und um nichts anderes.” Leider haben The Kooks aber selbst die Grundlage für solche Fragen geliefert. Denn wer in seinen Songs Erektionsprobleme thematisiert, der muss auch damit rechnen, dass in nachfolgenden Interviews die Fragen danach ausgerichtet werden. Vor allem, wenn man der Ex-Freund einer minder bekannten englischen Sängerin ist, die nur so mit Lobeshymnen überschüttet wird.

“Ich habe schon schlechte Erfahrungen mit dem NME gemacht. Auf Grund der ganzen Erektionsproblem-Sache. Es gibt einfach verdammt wenig Bands, die solch ein Thema überhaupt ansprechen. Art Brut und Kings Of Leon singen wohl darüber, aber sonst kannst du kaum eine Band finden. Der NME war auf jeden Fall sehr engagiert, näher auf das Thema einzugehen. Aber auch nur wegen meiner Ex-Freundin Katie Melua. Im Grunde genommen sollte man sich keinen Kopf über bestimmte Magazine machen.”

Der Punkt geht an The Kooks. Fernab des ganzen Gossips sind The Kooks einfach nur eine Band, die ein unheimlich erfrischendes Album abgeliefert hat, über das man noch lange reden wird.

Text: Tanja Hellmig