Soll Kino nur Unterhaltung bieten und uns von der Realität ablenken? Oder wollen wir auch auf der Leinwand mit der Härte des Alltags konfrontiert werden? Die Meinungen gehen in diesen Fragen immer wieder auseinander –„am besten beides“ wäre vermutlich die ideale Antwort.

Allerlei Filme versuchen in dieser Woche, beides unter einen Hut zu bringen – oder tun zumindest so. In „Ice Age 2 – Jetzt taut’s“ zum Beispiel geht es um globale Erwärmung und Hochwasser, aber bei genauerem Hinsehen eben doch nur um Humor und Otto Waalkes als Sprecher eines dusseligen Faultiers. Das neue Abenteuer von Sid, Manny und Diego hat eigentlich noch weniger Handlung als der erste Teil, bietet aber immerhin eine waschechte Mammut-Romanze und ziemlich viele gelungene Gags. Zwischen durch kommt natürlich wieder Nagetier Scrat zum Einsatz, immer noch halb Ratte und halb Eichhörnchen, und jagt die Eichel – was nicht halb so obszön, aber mindestens so amüsant ist wie es klingt.

In „Geh und lebe“ geht’s dagegen wesentlich ernster zu: ein kleiner äthiopischer Junge gibt sich als Jude aus, um dem Horror seiner Heimat Richtung Israel zu entkommen. Dort gesellen sich im Verlauf der Jahre zu den religiösen auch allerlei andere Probleme, zum Beispiel Stress mit den Adoptiveltern, die ersten Liebe oder der Nahost-Konflikt. Irgendwie hätte dabei ein rührendes Drama entstehen können, doch in gefühlten fünf Stunden machen mäßige Schauspieler und viel zu viel Pathos der Sache irgendwann den Gar aus.

Ganz meisterlich und zu Recht Oscar -nominiert präsentiert sich dagegen George Clooneys zweite Regiearbeit „Good Night, and Good Luck“, in dem sich aufmüpfige Fernsehmacher in den 50ern gegen den gefürchteten Senator und Kommunisten-Jäger McCarthy auflehnen. Clooney lässt in einer Nebenrolle dem großartigen David Strathairn als Edward R. Murrow den Vortritt, und filmt diese wahre Geschichte in elegantem Schwarz-Weiß.
Auch Berlins Trash-Größe Ades Zabel kommt in „18.15 Uhr ab Ostkreuz“ ganz ohne Farbe aus. Die albernste Transe der Hauptstadt (zu sehen in einer Doppelrolle) parodiert in ihrem neuen Film die wunderbaren Miss Marple-Filme, aufgepeppt mit viel schrägem Personal im Frisörsalon, was manchmal ganz schön doof, mindestens 60 Minuten aber auch herrlich komisch ist.

Eher wenig mit Agatha Christie zu tun hat, trotz des deutschen Titels, „Mord im Pfarrhaus“. Denn die nette alte Dame (wie immer fantastisch: Maggie Smith) ist hier zwar auch betulich-charmant, aber statt Verbrechen aufzuklären, scheint sie eher dafür verantwortlich zu sein. Rowan „Bean“ Atkinson ist übrigens weniger zappelig als sonst und auch nur in einer Nebenrolle zu sehen, bekommt aber Unterstützung von einem bemerkenswert abgehalfterten Patrick Swazey, der sein „Dirty Dancing“-Lover-Image von einst gehörig aufs Korn nimmt.

Um aber noch mal aufs echte Leben zurückzukommen: in „Spiel auf Sieg“ basiert auf einer echten Geschichte aus den 60er Jahren. Damals suchte sich ein Basketball-Coach nur schwarze Spieler, um sein Team auf Sieg zu trimmen. Das hat natürlich Erfolg (immerhin handelt es sich hier um einen typischen US-Sportfilm), auch wenn die gesellschaftlichen Widerstände enorm sind. Die des Publikums dürften es nicht sein, denn zum Glück wurde Ben Affleck aus der Hauptrolle wieder rausgeschmissen und durch den netten Josh Lucas ersetzt.

Patrick Heidmann