Wenn überall Kinder in geklonte, perfekte Marionetten verwandelt und mit ein paar perfekten Liedchen auf die Welt losgelassen werden, oder sich selbst zu posenden Alternativhelden umgestalten, ist man sehr dankbar, wenn zwischen all dem Firlefanz etwas lebendiges und echtes auftaucht. Auch wenn es sehr klein, schmutzig und laut ist. Und sogar wenn damit drohen wird, die Weltherrschaft zu übernehmen.
Doch das ist kein Grund zur Besorgnis, im Gegenteil, es kann uns nur recht sein. Denn die Puppetmastaz predigen ein neues Paradigma, nämlich das der Unperfektion: “Ist dir schon mal aufgefallen, dass es nie peinlich ist, wenn eine Puppe die Bühne betritt?” fragt Turbid the Toad. Woran das liegt? Unperfektion. “Yeah, es dreht sich um tierische Unperfektion. Menschen haben immer noch nicht verstanden, dass es darum geht nicht perfekt zu sein.” Sind die Puppetmastaz bisher missverstanden worden? Sind sie eigentlich eine neue Befreiungsreligion, die zukünftige Heilslehre?
Der schmutzige HipHop und der minimalistische Funk könnten nur eine geschickte Tarnung sein, die perfekte Verführung in ihre unperfekte Welt, so wie ihre legendären Bühnenshows. Das sind erstaunliche Spektakel, wenn man bedenkt was für kleine, kleine Kreaturen sie sind. Ein Puppetmastez-Auftritt kann durchaus ekstatische Züge annehmen, eigentlich kaum anders als das hysterische Schreien und Springen, das man von anderen Sekten kennt.
So oder so, der nächste Schritt auf diesem Weg zur Macht oder spirituellen Revolution ist ihr neues Album “Creature Shock Radio.” Angelehnt an ihre Radio-Show, die vor einigen Wochen auf Motor FM lief, und tief in die Welt der Puppenfreaks blicken ließ, führt es die Eroberungspläne weiter. Die Beats sind reduziert aber unentrinnbar funky und wurden von den Drei Prosetti-Brüdern geliefert. Verdächtigerweise macht Rap selten einen solchen Spaß wie bei ihnen. Und wie ordnen sich die Texte vom Saufen, Pissen, Feiern und Sex da ein? Mmh? Doch dann sind da Zeilen wie “You think: The bigger the better – but we got time forever”. Äußerst perfide.
Vielleicht sollten die Menschen lieber frühzeitig konvertieren. Im November kommt die Deutschlandtour, und vielleicht gibt es kein Zurück mehr, wenn man eine ihrer Shows besucht hat. Lieber nicht vergessen, eine eigene Puppe mitzubringen und am besten verschmilzt man gleich mit ihr, denn der Tag wird kommen, an dem uns die puppenhafte Unperfektion befreien wird!
Amen.
Text: Cklkh Fischer
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