Ist das Kunst oder kann das weg? Wie definiert man eigentlich diese “Kunst”? Oder Math-Pop? Und zählt am Ende nicht eh nur die Mordsgaudi? motor.de trifft sich zur Kurzphilosophie mit Fuck Art, Let’s Dance!

(Foto: Lena Wagner)

Stress bringt niemandem etwas. Das weiß selbst eine noch recht junge Band wie Fuck Art, Let’s Dance! Obwohl man den Soundcheck an jenem Dienstagabend im Leipziger Werk II zwecks Verspätung viel zu spät durchführen muss und die Türen eigentlich bald für das zahlende Publikum geöffnet werden sollen, behält das Trio Ruhe. Auch das Grundrauschen des Laptops ist nicht das Ende der Welt. Tim (Drums), Romeo (Gitarre) und Nico (Gesang/ Gitarre) freuen sich einfach an diesem Abend mit den Labelkollegen von Supershirt zu spielen. Vor nicht allzulanger Zeit ist mit “The Conqueror” die erste Single der Band bei Audiolith erschienen. Der Tourplan kann sich auch sehen lassen, so dass man dem normalen Tourstress mit allen Tücken eher gelassen entgegen fiebert. Genauso entspannt wie beim Soundchecken geben sich die drei Hamburger wenig später auch im Interview mit motor.de.

motor.de: Ihr steht ja seit einiger Zeit bei Audiolith unter Vertrag, ein Label, dass für seinen einschlägigen Sound bekannt ist. Hört man aber eure aktuelle Single “The Conqueror” im Vergleich zu älteren Tracks von euch, merkt man, dass ihr euch zunehmend von diesem Sound wegbewegt. Ein bewusster Schritt?

Nico: Wir haben eigentlich immer das gemacht, was wir wollten. Audiolith hat uns da komplett die Freiheit gelassen. Wir haben verschiedene Songs im Studio aufgenommen, uns dann für “The Conqueror” entschieden. Der klingt zwar etwas poppiger, als die Sachen, die wir live spielen, aber wir fanden das mal interessant.

motor.de: Ihr selbst habt euren Sound einmal als Math-Pop bezeichnet. Wie kann man denn einem unwissenden Hörer diesen “Math”-Aspekt näher bringen?

Romeo:
Das hat auch ein wenig mit unserem Namen zu tun. Fuck Art, Let’s Dance! heißt ja eigentlich auf die Kunst scheißen. Es ist zwar am wichtigsten, Spaß zu haben, aber wir wollen auch diesen musikalischen Unterbau haben. Wir kommen ja auch teilweise aus dem Math-Rock. Im Prinzip ist das, was wir machen, Popmusik, aber halt durchdacht.

motor.de: Habt ihr einen bestimmten Anspruch an eure Musik?

Nico: Wir wollen quasi, dass, wenn wir anfangen mit Spielen, die Leute nicht erst überzeugt werden müssen, sondern direkt anfangen, eine Mordsgaudi zu machen.

Tim: Das Ideale wäre, wenn die Leute quasi von allein nach vorn an die Bühne kommen, ordentlich abfeiern und anschließend nach Hause gehen und da feststellen: “Ey, die Jungs machen eigentlich wirklich gute Musik.”

Fuck Art, Let’s Dance! – “The Conqueror”

motor.de: So ganz kann euch Kunst ja nicht egal sein. Betrachtet man die durchdachten Fotos, Videos und den Look von euch, wirkt das schon relativ konzipiert. Wie wichtig ist euch das Konzept hinter der Band?

Tim: Anfangs war das ein großes Wirrwarr, weil wir auch noch nicht richtig wussten, wie wir das Ganze aufbauen sollten. Mitlerweile haben wir da aber, glaube ich, unsere Richtung gefunden. Was genau das ist, wollen wir natürlich nicht sagen. Wir sind gerade erst dabei, das aufzubauen, aber generell ist es uns schon wichtig, eine gewisse Sache auszustrahlen.

motor.de: Auf eurer Homepage stehen die obligatorischen Indie-Band-Vergleiche, die man so zieht. Einen Namen in der Auflistung fand ich aber interessant: Heaven 17. Wo seht ihr eure Parallelen zu deren Hochglanz 80er-Pop?

Alle: (lachen).

Nico: Ja, es gibt ja immer irgendwelche Vergleiche, die man ziehen kann. Viele sagen ja auch, wir klingen wie Bloc Party oder Two Door Cinema Club. Wir finden das ganz witzig, dass mal jemand gesagt hat, wir klingen wie eine 80er Wave-Band. Das hat schon was.

Tim: Ja, wir waren auch erst verdutzt und mussten dann natürlich nochmal nachforschen. Ich denke, man kann das in dem Fall auf den Gesang beziehen.

motor.de: Eure Single “The Conqueror” präsentiert sich ja mit einem sehr stimmigen Video. Darin sieht man einen kleinen Jungen mit dicker Nickelbrille, der umherzieht und sich als Straßenmusiker versucht. Optik und Schnitt implizieren, dass dieser Junge Nico sein soll. Wieviel Biographie steckt in dieser Idee?

Nico: (lacht) Puh! Na ja, das war so: wir hatten uns für die Single entschieden und dann hieß es natürlich, dass wir ein Video dazu drehen müssen. Wir saßen dann in gemütlicher Runde bei Romeo zuhause auf der Reeperbahn, haben ein Tütchen rausgeholt und mit Ideen herumjongliert. Und ich hatte die ganze Zeit dieses Bild von einem kleinen Jungen im Kopf, der mit Umhang, Krone und einem Zepter irgendwo in Hamburg auf’m Bunker steht und die Stadt betrachtet. Und alle so: “Yeah, geile Idee, machen wir!” (lacht) Wir haben den kleinen Jungen dann drinbehalten, aber den Rest des Videos ein wenig an die Lyrics angepasst. Es geht um den “Conqueror”, also den Eroberer, der etwas erreichen und erleben möchte. Am Ende entscheidet er sich dann aber dagegen und es bleibt dem Zuschauer überlassen, ob das gut oder schlecht ist.

Fuck Art, Let’s Dance! – “Pages”

motor.de: Stärker denn je muss sich eine noch relativ neue Band, wie ihr es auch seid, heutzutage sprichwörtlich den “Arsch abspielen”. Wie sieht es mit der augenblicklichen Motivation aus? Seid ihr schon frustriert oder entschädigen die Konzerte für die Strapatzen?

Tim: Die entschädigen allemal. Wir sind ja gerade noch mittendrin, uns den Arsch wund zu spielen. Ich meine, in Hamburg haben wir jetzt unsere kleine Fanbase, die sich immer freut, wenn wir spielen, aber jetzt geht es halt daran, die anderen Städte zu bespielen.

motor.de: Die neue Single ist da, was kommt als nächstes? Immer weiter Touren, nächste Single oder dann doch bald ein ganzes Album?

Tim: Wahrscheinlich genau in der Reihenfolge. (alle lachen)

Romeo: Auf jeden Fall erstmal die Tour spielen, alle Städte durchfahren und dann kommt im nächsten Jahr das Album. So ist es zumindest geplant.

motor.de: Da schließt sich natürlich die Frage an, inwiefern es als Band heuzutage überhaupt noch möglich ist, solch längerfristige Pläne zu machen.

Romeo: Wir haben ja jetzt erst die Single draußen. Man kann das so ein bisschen planen, aber ein ganzes Jahr oder anderthalb Jahre sind da schon schwer möglich. Bei spontanen Ereignissen muss man sich dann auch spontan entscheiden.

Tim: Es kann zwischendurch auch mal relativ stressig werden. Wenn man bis Ende Januar tourt, muss man das Album eigentlich schon nebenbei planen, um es optimal rauszubringen. In dem Moment, wo man sozusagen gerade auf dem “Höhepunkt” ist und sich die Leute für einen interessieren, das Album hinterherzuschieben, halte ich für ideal.

motor.de: Das Jahr neigt sich ja dem Ende und dann zieht der gemeine Musikfan ja gern mal Bilanz. Welche Platten hatten Fuck Art, Let’s Dance! zuletzt auf dem Schirm?

Tim: Ich kann jedem nur Dancing Pigeons ans Herz legen, wir sind große Fans von denen und auch mit ihnen befreundet. 

Romeo: Zieht euch mal Arms And Sleepers aus den USA rein. Die haben jetzt auch eine neue Platte rausgebracht.

Tim: Wen ich jetzt mal neulich entdeckt hab, sind Little Dragon. Die kommen, glaub ich, aus Schweden.

Nico: Com Truise find ich noch gut. Aber die Leute feiern ja eh grad auf Chillwave und Cosmic Disco ab.

Interview: Norman Fleischer