Bobby Gillespie und Gary “Mani” Mounfield sind bester Laune an diesem verregneten Berliner Nachmittag – immerhin geht es um ihr neues Album, das achte Studioalbum in der Primal Scream-Discographie, auf dem die Band nach wilden Streifzügen in andere Metiers zurückfindet zum handgemachten Rock’n’Roll, wie man ihn vom 94er Hitalbum “Give Out But Don’t Give Up” noch immer in den Ohren hat. Vier Jahre liegt der Vorgänger “Evil Heat” zurück; Zeit genug, um wieder Lust zu bekommen auf die eigene Musik und das eine oder andere Wort darüber. Die zehn Songs von “Riot City Blues” im einzelnen…
COUNTRY GIRL
Bobby Gillespie: Die Lyrics sind zur Atmosphäre der Musik entstanden – und die klang nach Aufstand. Aber nicht nach gewaltsamem Aufstand, sondern nach einer wilden Bewegung, an der jeder teilnehmen kann.
Gary “Mani” Mounfield: Eine verrückte Parade, mit Country Flavor, angesiedelt vielleicht in Mississippi, Tennesse… Ein Rebel Song, der back to the roots geht. Der Song klingt nach einer guten Zeit, und genau die hatten wir auch, als wir ihn aufgenommen haben.
NITTY GRITTY
Mani: Einfach ein großartiger, souliger Exile On Mainstreet-Song. Good time Rock’n’Roll, der auch live super rüberkommt. Die Leute rasten teilweise zu den neuen Songs, als würden sie sie schon ihr Leben lang kennen.
SUICIDE SALLY & JOHNNY GUITAR
Mani: Eine flottere Nummer, New York Punk, der irgendwo als Ramones-Nummer angefangen hat und letztlich zu dem hier wurde. Der sehr karge Anfang nur mit Gitarre und Gesang und dann der Übergang ins Ganze… das funktioniert doch großartig!
Bobby: Der Song ist die Bühne für eine Menge verschiedener Charaktere – Schönheitschirurgie-Junkies, Transvestiten, Stripper, weibliche Möchtegern-Hell’s Angels, Typen, die sich zu viel Speed gönnen und sich das Hirn rauspusten… Er ist einfach eine Ansammlung von trashy Gla-Rrock-Punk-Figuren…
Mani: Der Song handelt nicht von Pete Doherty und Kate Moss!
WHEN THE BOMB DROPS
Mani: Eines meiner Lieblingsstücke. Anfangs war das ein langsames Stück mit einem Velvet Underground-Groove, erst im Studio sind wir dann damit plötzlich in die komplett entgegen gesetzte Richtung gegangen. Und so galt das eigentlich für das komplette Album – bis zum allerletzten Moment konnte alles immer noch umgeworfen werden.
Bobby: Diesen Song hatten wir so vorher überhaupt nicht geprobt! Das erste Mal, das wir uns an dieser schnellen Version versucht haben, hat es sofort aufs Album geschafft. Wir haben Will Sergeant von Echo & The Bunnymen eingeladen, Gitarre auf dem Song zu spielen. Vor Jahren hatten wir in einmal in New York getroffen, und er meinte: “Hey, wenn ihr mal jemanden für einen wirklich abgefahrenen Gitarrensound braucht… ich bin euer Mann.”
LITTLE DEATH
Bobby: Wir hatten nur das Skelett dieses Songs: Manis Basslinie, um die herum wir gejammt und das Schlagzeug aufgezogen haben. Wir wollten auch zu diesem Crescendo in der Mitte des Songs hin, aber der Rest ist weitestgehend improvisiert – ich wusste nicht einmal, wann ich anfangen würde zu singen, bis ich es dann wirklich gemacht habe.
THE 99TH FLOOR
Bobby: Hier sind die Lyrics ganz witzig… Ein Typ verliert seine Freundin und beginnt zu halluzinieren – er sieht Löcher im Himmel, Löcher in seinem Kopf, ein Loch in seinem Herzen, schließlich sogar Geister und den Tod, der auf seiner Treppe sitzt. Er spritzt sich sogar Löcher in die Arme, kann aber dem Gefühl von Verlust und Einsamkeit doch nicht entkommen, denn das Mädchen hatte den Schlüssel zum Königreich des Himmels. Schließlich findet er sich im 99. Stockwert wieder, bereit zu springen…
Mani: Musikalisch ein “My Generation”-Rocker!
WE’RE GONNA BOOGIE
Bobby: Ein altmodischer, ganz einfacher Boogie Song, nichts weiter wirklich. Als Schlagzeug haben wir die Transport-Box für unser Drumkit verwendet…
Mani: Auch die Basslinie hat überhaupt nicht funktioniert, deswegen haben wir sie gleich ganz weggelassen. Das Ganze sollte sehr frei klingen, sehr roh.
DOLLS (COME ON BABY LET’S HAVE A GOOD TIME)
Mani: Der Titel erklärt den Song im Grunde schon: ein klassischer Good Time Rock’n’Roll tune, eine bowieeske Glam-Nummer wie “Queen Bitch”.
Bobby: Alison Mosshart singt auf dem Stück. Wir sind gut mit ihr befreundet, sind große Fans der Kills, die auch schon mit uns getourt sind, und wir brauchten für diesen Song ein echtes Punkrock-Girl. Ich denke, wir können wirklich fantastisch zusammen singen…”
Mani: Ein großartiges Mädchen!
HELL’S COMIN’ DOWN
Bobby: Noch so eine Boogie/Country Nummer, auf der Warren Ellis von den Bad Seeds die Fiedel spielt. Ein Rock-Song, den man nicht zu ernst nehmen sollte.. Good fun.
SOMETIMES I FEEL SO LONELY
Bobby: Eigentlich waren dies einmal zwei Songs, die wir letztlich in einen haben verschmelzen lassen…
Mani: Eine wunderbare, depressive, downe Nummer… manchmal fühlt man sich in der Tat einfach…
Bobby: …es ist einsam an der Spitze.
Mani: Es ist auch einsam in der Mitte und am Boden. (lacht) EinsamER. Aber es ist ein netter Song.
Und das würdevolle Schlussstück einer der Platten des Jahres.
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