Laut eigener Angabe bereits 1996 gegründet, erschien das erste Album von M.O.R. letztlich erst 2001. Trotzdem oder gerade deshalb sorgte ‘NLP’ von den selbsternannten Masters Of Rap für einigen Wirbel in der HipHop-Szene und weit darüber hinaus. Denn über die Tracks von Produzentin Melbeatz rappten die acht MCs Kool Savas, Fuat, Justus, Fumanschu, Illo, Martin B., Jack Orsen und Ronald Mack Donald so kompromisslos, dass ihnen Sexismus, Rassismus und Gewaltverherrlichung vorgeworfen wurde. Ihr Argument dagegen war, dass Rap nun mal Battle sei und das Ganze nicht so ernst genommen werden sollte.

Vier Jahre später und nach der Veröffentlichung von einigen Solo-Scheiben melden sich M.O.R. nun in kleiner Besetzung zurück. Mit dabei sind bei der Mixtape-CD ‘HipHop Is Still Ok!’ Fumanschu, Justus, Ronald Mack Donald, Jack Orsen, Illo und das frühere Gründungsmitglied Big Derrill Mack. “Ich war schon dabei, als das Ganze mit Fumanschu und Savas im HipHop-Haus Berlin-Steglitz angefangen hat. Da gehörte sogar noch Taktloss zu M.O.R.! Wir haben damals zusammen gerappt, allerdings war ich auch Breaker und hatte nach dem großen Boom mit den Flying Steps für Rap keine Zeit mehr. Erst 2002 habe ich wieder angefangen zu reimen.”

Dafür hat er aber schnell aufgeholt und schon zwei Solo-CDs bei ‘Royalbunker’ veröffentlicht. Aber auch die anderen Mitglieder waren in der Auszeit nicht untätig und legten eigene Scheiben vor. Zumal noch Posse-Tracks auf Compilations wie ‘Rap.de Allstars’ und ‘Royalbunker Nr. 1’ zu hören waren. Laut Fumanschu wurde M.O.R. also immer am Leben erhalten. “Wir hatten uns halt vorgenommen, unsere Solo-Sachen zu machen. Das hat aber eben ein bisschen gedauert. Zwischendurch haben wir uns jedoch immer wieder getroffen und gemeinsame Auftritte gehabt. Außerdem gab’s ja auf einigen Tonträgern weiterhin M.O.R.-Tracks, sowohl auf einigen Samplern als auch bei unseren eigenen CDs. So war eigentlich konstant ein Lebenszeichen von uns zu hören.”

Für einen stärkeren Ausschlag auf der Herzrhythmus-Maschine sorgt nun allerdings ‘HipHop Is Still Ok!’, auf dem die Crew auf Albumlänge ganze 18 Stücke präsentiert. Produziert haben Big Bennay, Fumanschu, Illo, Wassif, Kaizer Soze und Ronald Mack Donald, der gleich fünf Tracks beigesteuert hat. Das Reimen dagegen hat er inzwischen an den Nagel gehangen: “Irgendwann hatte ich keine Lust mehr. Das Produzieren hat mir mehr Spaß gemacht. Es fiel mir immer schwerer, Texte zu schreiben. Deshalb wollte ich mich lieber auf eine Sache konzentrieren.”

Im Opener ‘Kick Off’ wird von M.O.R. selbstkritisch über die eigene Situation nach fast einem Jahrzehnt hinter dem Mic nachgedacht, um dann doch mit altbewährten Ansagen zu punkten. “Vielleicht bin ich zu alt zum Scheiße bauen./ Doch noch lange nicht bereit für einen reifen Sound./ Ich bin mit meiner Crew für alle Zeiten down./ Denn nur mit ihr teile ich den gleichen Traum./ Von Reichtum, Frauen, von Autos und Villen./ Davon, alle Feinde lautlos zu killen”.

Dabei wird bei den Battlestatements schnell klar, dass es mehr um den Spaß an der Sache geht, als wirklich irgendjemand zu bedrohen. Denn bei ‘Kniet Nieder’ schießen sich die Jungs auch schon mal augenzwinkernd selbst ins Bein, statt auf dicke Hose und fette Statussymbole zu machen. “Wir sind sofort da./ Wir kommen im Ford Ka./ Hab ich das wirklich gesagt?/ Was für ein Fauxpas!”

Für das Doppel-Video zu diesen beiden Stücken haben sich die sechs Jungs dann allerdings doch lieber einen Panzer ausgeliehen, um durchs Gelände zu brettern. Dabei enthält ‘HipHop Is Still Ok!’ sogar Anti-Kriegsparolen. In ‘Einfach Stolz’ wettern M.O.R. gegen den Sozialabbau und die amerikanische Terrorpolitik. “Ohne Job ist man angearscht./ Ja, es fickt meinen Kopf. Der Kampf ist angesagt./ Gegen den Staat, gegen Bush und die Welt./ Was sollen die nutzlosen Kriege nur für nutzloses Geld?/ Wer lässt sein Volk verhungern? Was ist das für ‘ne Logik?/ Dieser Typ ist wie Hitler. Ich fand seinen Vater schon komisch!”

M.O.R. können also durchaus auch ernste Sachen ansprechen, lieben allerdings vor allem die Provokation und einen ganz eigenen Humor. Um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, stellen sie das daher bei ‘Verstehen Sie Spaß’ klar: “Verstehen Sie Spaß?/ Das war alles nur Spaß!/ Wie ‘Ich bin ein Nazi und knalle dich ab’!/ Was? Du bist in diese Falle getappt?/ Was? Ich habe nur schallend gelacht!”

Das Mixtape macht auf jeden Fall Freude und verkürzt die Wartezeit auf das nächste reguläre Album, das fürs Frühjahr 2006 angekündigt ist. Jack Orsen ist davon überzeugt, dass das Teil dann noch einmal ordentlich nachlegen wird. “Fürs Album wollen wir richtig schön ausgefeilte Songs abgeben. Beim Mixtape war das eine schnelle Session. Teilweise sind auch Sachen drauf, die schon etwas älter sind.” Fumanschu ergänzt: “Das Mixtape entstand ziemlich spontan. Hier ist ein Beat, da ist ein Track. Jemand rappt was ein. Fertig. Tschüss. Bei der Albumproduktion haben wir uns alle zusammen getan, damit da eine eigene Stimmung entsteht. Deshalb haben wir unsere Sachen gepackt und sind zwei Wochen weggefahren, um uns in der Einöde einzuschließen. Wo’s nichts anderes gibt als Musik – und vielleicht ein paar Schafe!”

Die Record-Release-Party zu ‘HipHop Is Still Ok!’ steigt übrigens am 16.12. ab 22.00 Uhr im Rauchhaus Berlin-Kreuzberg am Bethaniendamm.

Text: Holger Köhler