Die dunklen Augenringe von Sängerin Suzie Kerstgens zeugen noch vom gestrigen Showcase, das vor bestuhltem Pressepublikum nur zäh in Gang gekommen war. Erst als Klee am späten Abend noch ein Konzertset ohne Moderation und Sitzzwang nachlegten, lockerte sich die Verspannung in Band und Publikum. Die gelöste Stimmung haben Suzie, Sten Servaes und Tom Deininger trotz Müdigkeit offenbar über die Nacht gerettet und scheinen nur darauf zu warten, über ihr neues Album “Jelängerjelieber” zu reden.

“Für mich war das erst mal ein Klangerlebnis-Jelängerjelieber-. Das fand ich halt superschön!”, kommentiert Suzie den Albumtitel. Dass es sich dabei um eine Pflanze handelt, die einem dabei helfen soll, die Vergangenheit in die Gegenwart mitzunehmen, weiterzugehen und damit zu leben, habe sie erst bei den Studioarbeiten auf einem alten Bauernhof erfahren. Das passe ja auch musikalisch, schließlich präsentiert sich das neue Album nach dem elektronisch geprägten Vorgänger deutlich Song-orientierter und erinnert eher wieder an Ralley.

Über die Band, aus der Klee entstand, wollten sie doch lange nicht reden? “Das wurde immer auf diesen einen Knackpunkt reduziert!”, wiegelt Sten ab. Ein schwerer Autounfall beendete damals die Bandkarriere und machte aus dem Quartett Ralley das Trio Klee. Mittlerweile ist man stolz darauf, damals in den Neunzigern deutschsprachige Popmusik etabliert zu haben. Mit “Jelängerjelieber” ist nun ein großer Bogen geschlagen worden, so dass man in die Konzerte zum neuen Album auch wieder problemlos alte Hits wie “Zelten” integrieren kann.

Und während Sten über musikalische Zitate englischer Popmusik in den Songs von Klee und die langjährige Zusammenarbeit mit einem der “größten Songwriter hier in diesem Land”, Tom Liwa, philosophiert, rutscht Suzie unruhig auf einem der ungemütlichen Schaukelsessel umher und wirft zustimmende Kommentare ein. Tom dagegen beschränkt sich mit skeptischer Mine hauptsächlich auf die Rolle als Zuhörer. Als Sten jedoch meint: “Wir sind Romantiker vor dem Herrn”, lächeln sich alle drei etwas verlegen an, fast als sei es ihnen peinlich, dass sie diese Aussage wirklich ernst meinen.

Text: Paul Kosel