(Foto: Filmpresse Meuser)

Eine düstere Stadt, zwei in ewiger Liebe verbundene Untote, ein wenig Blut und Rockmusik. Mehr braucht es scheinbar nicht, um eine großartige Liebesgeschichte zu erzählen. Zumindest nicht, wenn man Jim Jarmusch heißt. Vor allem nicht, wenn man als Zuschauer genug von der immer gleichen Hollywood-Scheiße hat. Mit „Only Lovers Left Alive“ präsentiert der Ausnahmeregisseur einen wunderbar stoischen und humorvollen Film für alle Kunst- und Kulturliebhaber, Musikfanatiker und Wissenschaftsbegeisterten. Ein Film, der mit viel Charme – und nur mit ein wenig erhobenem Finger – an die kulturellen und wissenschaftlichen Errungenschaften der Menschheit erinnert und die teilweise kulturelle Verkommenheit unserer heutigen Welt mit einem großen metaphorischen Fragezeichen versieht.

Detroit 2013. Eine Stadt, die nicht dunkler und heruntergekommener sein könnte. Menschenleere Straßen, verlassene Häuser und Industriegebäude, die an glorreiche, aber längst vergangene Zeiten der einstigen Metropole erinnern. Hier lebt der melancholische und introvertierte Adam (schaurig schön Tom Hiddleston), der als Rockmusiker und unsterblicher Vampir sein Dasein in völliger Abgeschiedenheit fristet. Das Leben in einer Welt voller hirnloser Zombies (alias der sterblichen Menschen) und fernab von seiner in Tanger lebenden, geliebten Frau Eve (elfengleich Tilda Swinton), scheint beschwerlich und beinahe unerträglich. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt ist sein Freund und Vertrauter Ian, der ihn mit den wertvollsten Vintage-Gitarren und den sonstigen Notwendigkeiten des Alltags versorgt und dessen einziger Fehler es ist, ein Mensch zu sein.

Only Lovers Left Alive

(Foto: Filmpresse Meuser)

Als steinalter und überaus belesener Untoter – er hatte ja immerhin mehrere Jahrhunderte lang Zeit um sich zu bilden – der mit Christopher Marlow (gespielt von John Hurt) befreundet ist und für Franz Schubert Musik komponierte, ist man mittlerweile zivilisiert, besorgt sich sein Blut im örtlichen Krankenhaus, um es aus Likörgläsern oder als Eis am Stil zu verzehren. Kommuniziert wird übers Internet. Geschlafen wird in einem gewöhnlichen Bett – tagsüber, versteht sich.

Eines Tages lässt sich Adam eine hölzerne Kugel schnitzen. Zu groß ist der Weltschmerz und die immer wiederkehrenden Selbstmordgedanken. Ein Alarmsignal für seine Geliebte, die sich sofort auf die lange Reise ins ferne Amerika macht, um ihrem Mann Beistand zu leisten und ihn von seiner Idee abzubringen. Wieder vereint, streifen sie gemeinsam durch das nächtliche Detroit, bewundern Jack Whites Elternhaus, das verkommene Michigan Theatre und die ehemaligen Fabrikhallen der Packard-Werke, in der einst die „schönsten Autos der Welt“ gebaut wurden, wie Adam gefrustet bemerkt.

Gelebt wird in der Erinnerung an die guten alten Zeiten großer Erfinder und Musiker und vor allem mit stoischer – man hat ja alle Zeit der Welt – Ruhe. Einziger Störfaktor ist Eve’s rebellische Schwester Ava (Mia Wasikowska), die nach einigen Jahrzehnten plötzlich wieder auftaucht und in alter Vampir-Manier den gutmütigen Ian aussaugt. Das Chaos ist perfekt, die Reise nach dem blutarmen Tanger die einzig logische Konsequenz.

„Only Lovers left alive“ ist eine wundervolle Hommage an die ewige Liebe, an eine einstige Metropole und künstlerische Hochburg, an die großen Errungenschaften der Wissenschaft und vor allem an die schönen Künste dieser Welt. Eine kinematografische Liebeserklärung also, die durch ihre entschleunigte, aufs wesentliche reduzierte und bildgewaltige Erzählweise nicht schöner sein könnte. Jim Jarmusch nimmt sich, wie so oft, bewusst Zeit für die kleinen Dinge. Sich drehende Schallplatten, eine bezaubernd blasse, apathisch tanzende Tilda Swinton und ein im Blutrausch schwelgender Adam beherrschen die Kinoleinwand. Es ist die Liebe zur Musik, zur Kunst und zur Wissenschaft, die die ironischen und mit trockenem Humor gespickten Dialoge dominieren. Auch der Soundtrack, der von Jarmusch eigener Band SQÜRL beigesteuert wird, entspricht dem lakonischen Geschehen auf der Leinwand und harmoniert ungemein. Ein herrlich unaufgeregter, typischer Jim Jarmusch-Film, der trotz des großen thematischen Depressionspotentials immens viel Lebenslust versprüht. 

 

"Only Lovers Left Alive" ist in Deutschland ab dem 25.12.2013 zu sehen. Wir verlosen 3 x 2 Tickets für ein Kino eurer Wahl. Ihr wollt die Tickets gewinnen? Dann schickt uns einfach eine Mail mit dem Betreff "Only Lovers Left Alive" an: linna.umme@motor.de.

Viel Glück und gute Projektion!