Schuld an dieser etwas seltsam anmutenden Äußerung sind a) die Website der Band Cake aus Sacramento, bzw. einer der dort zu findenden “Newsflash”-Links, in denen Sänger und Gitarrist John McCrea den geneigten Cybersurfer auf Interessantes und Skurriles aus der Welt der – sagen wir es ruhig – Menschen hinweist und b) die Internet-Übersetzungs-Maschine “Babelfish”, die auf Grund ihrer Nicht-Menschlichkeit durchaus schon mal “Punk-Rock” mit “Punk-Felsen” übersetzt, aber auf www.cakemusic.com freudestrahlend als Möglichkeit angepriesen wird, die ganze Chose doch in einer Muttersprache deiner Wahl zu genießen. Unbedingt mal ausprobieren.

Gleiches gilt natürlich auch für die Musik des California-Vierers. Zwar ist das auf den ersten Blick Auffallendste an ‘Pressure Chief’, dem 2004er Modell, die frappierende Klangähnlichkeit zu seinen Vorgängeralben, vier an der Zahl. Doch so demonstrativ unaufgeregt Songs wie “Waiting” oder “She’ll Hang The Baskets” am Hörer vorbeischlurfen, so stark ist der Eindruck, den sie hinterlassen. Das war schon immer so; jedes bisherige Cake-Album von ‘Motorcade Of Generosity’ bis ‘Comfort Eagle’ hatte diese Momente der Größe, die einander vielleicht ähnelten wie eine Superleckerpizza der nächsten, aber eben verlässlicherweise genauso wohlschmeckend und nahrhaft waren – und obendrein trotz (oberflächlich betrachteter) Gleichförmigkeit stets aufs Neue mit vorher unbemerkten Geschmacksspitzen aufwarten konnten.

Genug der blumigen Sprache, John McCrea redet Tacheles: Nur der Plattenfirma zuliebe sei er hier, in Berlin, um den Leuten von der neuen CD zu erzählen – ihm persönlich würde der Fakt, dass sie mal wieder eine aufgenommen haben reichen, “um zu beweisen, dass wir daran glauben.” Ein großer Fan des ganzen Brimboriums, das um die Wegwerfmusik von heute oder des Personenkults, der um deren Schöpfer seit jeher veranstaltet wird, ist er ohnehin nicht. Ihn interessiert nicht wirklich, wes Geistes Kind seine Lieblingsmusiker sind, warum wolle man es dann von ihm wissen? Er ist vielmehr interessiert am autarken Arbeiten, vier Typen und ein Harddisk-Recording, im Häuschen mit Garten, der “während der Aufnahmen immer mal wieder wichtiger Ort des Rückzugs wurde.” Dann ohne viel Federlesens auf CD gepresst, in ein selbstgestaltetes Cover – natürlich gedruckt auf Recyclingpapier – gesteckt und fertig. Lieblos klingt allerdings anders, hier geht es um Effizienz – erst denken, dann machen.

So kann man selbst mit verhältnismäßig sparsamen Mitteln einiges erreichen: Bei Cake wird auch anno 2004 weder gekleckert noch geklotzt, sondern vielmehr clever getüftelt. Da duellieren sich Gitarren auf engstem Raum mit wenigen Tönen, und schaffen mit einer Trompete hier, ein paar tuckernden Computerbeats dort, ein fantastisches Fundament für McCreas lakonische Betrachtungen über die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Wie ein Woody-Allen-Film ohne die Hektik (und die Sex-Fixierung), wie Franz Kafka mit Trompete und Schlapphut – kurz: wie auf vier Cake-Alben zuvor. Der große Anfangswitz aus Allens “Stadtneurotiker”, in dem sich “zwei alte Damen in einem Hotel mit Vollpension” in passend-abstruser Analogie zum Leben als solchem nicht nur über die miese Qualität des Essens, sondern auch über die “winzigen Portionen” beschweren, in denen es dargereicht wird, findet seine Cake’sche Entsprechung in “End Of The Movie”:

“People you love/ will turn their backs on you/ you’ll lose your hair/your teeth (…) but you still don’t like to leave/before the end of the movie”.

Wo man schon mal da ist, kann man ebensogut gleich weitermachen, und zwar mit einem verschmitzen Blick trotz Träne im Knopfloch – wie auch die Wiener wissen: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

Text: Torsten Hempelt