Sie vermischt nordische Atmosphäre mit britischem Akzent und schüttet uns ganz nebenbei ihr Herz aus. Marika Hackman ist Sängerin durch und durch. Mit ihrem Debütalbum „We Slept At Last“ gelang der Britin eine düstere und sogleich herausragende Platte. Ein Hoch auf musikalische Früherziehung! Wir trafen die junge Dame zum Skype – Interview.

Dein Debütalbum „We Slept At Last“ wurde vor ein paar Wochen veröffentlicht. Was hat sich seit dem Release für dich verändert?

Ich hab eigentlich gar keine großen Veränderungen wahrgenommen. Das Album war schon vor so langer Zeit fertig, es war ein langer Prozess bis es endlich auf den Markt kam. Für mich war es eine große Erleichterung, es dann endlich zu veröffentlichen. Es gab so viel positives Feedback, was mich natürlich sehr gefreut hat. Ich versuche gerade aber einfach mit meinem normalen Kram weiter zu machen und neue Songs für das nächste Album zu schreiben, ohne mich zu sehr vom positiven Feedback beeinflussen zu lassen.

Hat dein Debütalbum einen roten Faden?

Es gibt glaube ich drei oder vier verschiedene Themen, die sich durch das Album ziehen. Verlangen ist ein sehr starkes Thema, ebenso wie Sexualität. Aber auch ein Gefühl der Einsamkeit und Isolation und die Abgrenzung von der Kindheit, Verantwortung annehmen. Das Album beschäftigt sich mit all dem.

Düstere, melancholische Musik ist zurzeit ziemlich angesagt. Wie erklärst du dir das?

Ich hab so ein bisschen das Gefühl, dass es immer so war. Im Moment hören wir einfach nur mehr davon. Sie ist eine tolle Art und Weise für Menschen einen Zugang zu ihren Gefühlen zu bekommen oder zuzugeben, dass man sich schlecht fühlt. Es ist eine schöne Flucht von all dem. Der Alltag wird immer hektischer, stressiger und beengter. Menschen haben weniger Zeit, sich um sich selbst zu kümmern, auf ihre Gefühle zu hören. Melancholische Musik erlaubt es Menschen, ihre eigenen Gefühle zu erfahren und vielleicht festzustellen, dass man selbst gar nicht zufrieden ist mit seinem Leben.

Machst du Musik um dem Alltag zu entfliehen?

Ich mache Musik, weil es ein Bedürfnis ist. Sobald jemand ein Instrument vor mich stellt, versuche ich darauf einen Song zu schreiben. Das war schon so, als ich sechs Jahre alt war. Das ist ein Teil meines Charakters. Beim Schreiben kommen viele meiner Emotionen zum Vorschein, diese landen bewusst oder unbewusst in meinen Texten. Ich bin nicht so gut darin über Gefühl zu sprechen oder mich in dieser Art und Weise zu öffnen. Musik machen ist also eher eine Befreiung als eine Flucht.

Du hast bereits mit sechs Jahren angefangen Texte zu schreiben, mit 12 hast du dir das Gitarrespielen beigebracht. Spielte Musik während deiner Kindheit eine große Rolle?

Ja, meine Familie ist sehr musikalisch. Meine Großmutter ist Klavierlehrerin, mein Großvater spielte Saxophon in einer Jazzband und mein Vater hatte in den 80er Jahren ein kleines Aufnahmestudio in London. Bei uns lief den ganzen Tag Musik. Es überrascht mich also nicht, dass mein Bruder, er ist Produzent, und ich in dieser Branche gelandet sind. Als wir vier Jahre alt waren, haben uns unsere Eltern zum Klavierunterricht geschickt. Sie wussten, dass das eine tolle Basis ist um später einmal mit Musik zu arbeiten.

Wieso wehrst du dich dagegen als Folk Musikerin bezeichnet zu werden?

Als ich gerade meinen ersten Song veröffentlicht hatte, nannte mich die Presse Twee Folk. Dabei hatte ich zu dem Zeitpunkt für mich selbst noch keine Identität kreiert. Es war ziemlich bizarr, dass das plötzlich jemand anderes für mich tat. Auf meinen EPs hört man immer wieder einen anderen Sound, weil ich für mich eben noch den richtigen Weg finden wollte. Ich versteh natürlich, wieso das passiert, es ist aber trotzdem sehr schade, dass die Industrie und die Presse dem Druck erliegen alles zu kategorisieren. Man wird einfach in eine Ecke gedrängt, aus der man seine ganze Karriere über nicht mehr heraus kommt. Das ist wirklich frustrierend. Deshalb hab ich mich aktiv gegen diese Folk-Sache gewehrt. Natürlich gibt es ein paar folkige Moment in meiner Musik aber ich würde es niemals Folk nennen – es ist einfach kein Folk! Es sind einfach Songs, die von einer Frau auf einer Gitarre geschrieben wurden. Folk ist eine ganz andere Sache.

Möchtest du deshalb auch immer weiter experimentieren?

Ich wollte schon immer Neues machen und es so für mich interessant halten. Wer weiß, wie das nächste Album klingen wird. Ich will nicht, dass es genauso klingt wie „We Slept At Last“, das wäre irgendwie sinnlos. Ich hätte gerne eine lange Karriere, in der ich viele Alben veröffentliche. Ich will, dass es für mich und die Hörer aufregend bleibt. Es gibt so viele Möglichkeiten, das ist wirklich toll. Deshalb möchte ich gerade auch unbedingt ein neues Album machen. Es fühlt sich an, als wäre es Jahre her, seitdem ich im Studio war.

Nachdem du mit Laura Marling auf Tour warst, hat sich zwischen euch eine Freundschaft entwickelt. Hatte sie Einfluss auf deinen Sound?

Wenn du mit jemandem zusammenarbeitest, vor allem kreativ, dann stößt man eben auf Gemeinsamkeiten und so war das auch bei uns. Mittlerweile ist sie ist eine gute Freundin, einen Einfluss hatte sie aber nicht. Man kann das natürlich vermuten, wenn zwei Musiker zusammen Zeit verbringen. Wir sprechen aber nie über unsere Musik oder Inspiration. Unsere Musik ist sehr unabhängig voneinander.

Was steht für dich als nächstes an?

In ein paar Wochen geh ich auf Tour durch Großbritanien und im Sommer bin ich auf einigen Festivals. Jetzt wo das Album draußen ist, geht es eben vor allem ums Touren. Ich würde gerne nächstes Jahr ein neues Album veröffentlichen, das ist mein Traum. Deshalb verbringe ich meine ganze freie Zeit damit, Songs zu schreiben. Auf Tour gehen ist ziemlich anstrengend und im Studio fühle ich mich wohl. Ich liebe es einfach, im Studio an meinen Ideen zu arbeiten. Darauf freue ich mich wieder.

Wer die junge Dame live erleben möchte, kann das hier:

am 04. Mai in Hamburg, Molotow

am 09. Mai in Berlin, Kantine

am 10. Mai in Köln, Blue Shell

am 12. Mai in Wien, B72

am 14. Mai in Zürich, Bar Rossi

Einen Einblick in Marika Hackman’s Plattensammlung gefällig?