Im Herbst 2004 erschien ‘Union Verdadera’, das Debüt-Album von Mr. Reedoo, Don Cali, Larsito, Johnny Strange, Itchyban, Lafrotino, DJ Chino und Produzent Krutsch, die zusammen besser bekannt sind unter dem Namen Culcha Candela. Mit der Single ‘In Da City’ konnte die Gruppe dank ihres stimmungsvollen Mixes aus HipHop, Reggae und ähnlichen Spielarten gleich auf sich aufmerksam machen. Im Frühjahr diesen Jahres folgte dann das Titelstück als nächste Auskoppelung und enthielt neben einem Remix auch gleich zusätzlich zwei neue Stücke. Doch damit noch nicht genug. Ihr Remix für ‘Sientelo’ von Reggaeton-Künstler Speedy kam so gut an, dass sie sogar ein Video dazu drehen durften. So waren die acht Jungs eigentlich die ganze Zeit über kontinuierlich präsent. Da überrascht es schon ein bisschen, dass sie bereits jetzt ihre zweite Scheibe ‘Next Generation’ nachlegen.

Dass unter dieser Quantität jedoch nicht die Qualität leidet, sondern es ja gerade darum geht, den Leuten einen Mehrwert anzubieten, stellt Itchyban klar. “Warum soll sich heutzutage jemand ein Lied kaufen, das schon auf dem Album zu finden war? Deshalb haben wir da zwei Lieder mit draufgepackt, die sonst nirgends enthalten waren. Und ‘Sientelo’ war ja in dem Sinne keine Single von uns. Während unserer Albumproduktion wurde uns angeboten, für Speedy einen Remix zu produzieren. Krutsch hat dann einen neuen Beat gebaut, den ich persönlich sogar für besser halte als das Original. Das Ganze war eine tolle Sache, durch die uns bestimmt auch Leute kennen gelernt haben, die davor noch nichts von uns gehört haben.”

Neue Fans könnten sie nun auch mit ‘Next Generation’ (Homeground/Universal) gewinnen, denn stilistisch ist die Platte sehr viel vielseitiger geworden als der Vorgänger. Auch thematisch hat sich Einiges bei Culcha Candela getan. Standen früher vor allem Gute-Laune-Partysongs auf dem Programm, sind diesmal durchaus verstärkt gesellschaftskritische Töne angeschlagen worden. “Wir sind natürlich immer noch eine Party-Truppe! Wir lieben die Ladies, gehen gerne tanzen, stehen auf der Bühne. Aber wir haben im letzten Jahr auch Erfahrungen gesammelt, die uns beeinflusst haben. Sei es die Flutkatastrophe oder das zunehmende Drogenproblem. Über so etwas wollten wir gerne einen Song machen, wobei der nicht voll auf die Zwölf als Anti-Drogen-Song hauen sollte, sondern eine Geschichte erzählt.”

So schlüpfen sie in ‘Schneesturm’ nicht nur in die Rollen von Abhängigen und Dealern, sondern lassen auch das Kokain selbst über sich sprechen: “Ich komm wie der Wind/ zu Mann, Frau und Kind./ Erst so rein wie der Himmel und dann so verdreckt wie…/ Fixernadeln auf dem Spielplatz./ Ich komm, damit du was zum Spielen hast.” Ein anderes Beispiel für die Probleme, die sie im Alltag beschäftigen, ist ‘Scheinwelt’. Das Stück liegt Itchyban schon ziemlich am Herzen, so dass er sich über die Thematik der Dauerberieselung durch die Medien und die damit einhergehende Abstumpfung richtig in Rage redet. “Der Beat war für mich ein bisschen so ein Brecher wie der von ‘Lean Back’. Ich meinte schon zu Krutsch, dass das ja nicht wahr sein könnte. Dann hat Johnny einen Satz dazu gerappt, der mich so inspiriert hat, dass ich da was Gutes draus machen wollte. Es geht allgemein um eine Kritik an den Medien. Ich verstehe nicht, warum den Kids heutzutage so eine Scheinwelt vorgelebt wird. Einerseits frage ich mich, warum wir irgendwelche Musikfragmente in miesester Qualität auf den Handys brauchen? Andererseits gab’s früher in den Nachrichten auch immer positive Meldungen. Jetzt werden wir in einem permanenten Angstzustand erzogen. Wir sollen schlechte Qualität gut finden und uns mit dieser Negativität zufrieden geben. Das ist doch scheiße!”

Doch wie von Culcha Candela nicht anders zu erwarten, sind auch einige Fetenhits dabei, um die Leute in eine positive Grundstimmung zu versetzen. Als Beispiel sei hier nur der ‘Partybus’ genannt. “Das Stück ist auf jeden Fall das spontanste Lied auf dem Album. Das ist aber auch das Geile an Musik, dass es kein Rezept gibt. ‘Partybus’ haben wir ungelogen in einer Viertelstunde fertig gebaut. Eigentlich wollten wir was ganz anderes machen, aber dann kam Krutsch mit dem Beat an. Alle waren umgehauen und haben sofort angefangen, unbeschwerte Party-Texte zu schreiben und das aufzunehmen. Bei den meisten Strophen sind die Skizzen so gut geworden, dass sie auch so geblieben sind. Bei Zeilen wie ‘Vroom, vroom, der Party-Bus geht um!’ oder ‘Don’t make yourself nass!’ fragen einige Leute immer, ob es uns noch ganz gut geht. Ja, es geht uns gut. Wir stehen dahinter wie hinter allen anderen Liedern. Denn wir wollten auch mal wieder diese Unbeschwertheit ausdrücken!”

Text: Holger Köhler