Für Fans von Faith No More waren die vergangenen acht Jahre vermutlich eine verdammt harte Zeit – hatte Mike Patton, seit Ende der Achtzigerjahre und bis zum Split 1998 Sänger der Band aus San Francisco, doch für Pop-Musik überhaupt nichts übrig. Auch wenn er sein Pop-Projekt Peeping Tom schon damals angekündigt hatte. Stattdessen gab es noisigen Rock mit Tomahawk, HipHop mit den X-ecutioners, Krach mit Fantômas und noch mehr Experimente mit allerlei anderen Projekten. Aber jetzt – endlich – hat es Patton geschafft, sein Pop-Projekt auf Platte zu verewigen. Auf was für einer Platte: Mit dabei sind Dan The Automator von den Gorillaz, Norah Jones, Bebel Gilberto oder Massive Attack – Künstler also, die für hörbare Musik stehen und durchaus für Mainstream. Und wenn man so will, ist das erste Peeping-Tom-Album durchaus Mainstream, wenn auch mit sehr viel Tiefgang.

Im Uncut-Interview erzählt Mike Patton über die Zusammenarbeit mit echten Stars, Probleme mit Plattenfirmen und von seinen anderen Projekten.



Warum, glaubst du, haben Menschen Angst vor Veränderungen?
Das ist die menschliche Natur. Man möchte das behalten, was man kennt. Es ist komfortabel und lebenssichernd. Wenn man raus geht, riskiert man Einsamkeit und Verzweiflung (lacht). Das ist vollkommen natürlich. Ich bin auch so.

Wirklich?
Es gibt Dinge in meinem Leben, die auf der Kippe stehen und bei denen ich eine Entscheidung für die eine oder andere Richtung treffen sollte. Aber ich mache es nicht, wofür ich eine Menge Entschuldigungen finde. Ich habe letztlich Angst vor den Konsequenzen.

Ich hätte gedacht, du beschreibst dich selbst als einen mutigen Menschen, der keine Angst vor Veränderungen hat – jedenfalls keine, wenn es um Musik geht.
Musik ist natürlich etwas vollkommen anderes. Es gibt Musik und all den anderen Kram. Aber für mich kommt die Musik zuerst. Für mich ist das ganz natürlich, das war schon immer so. Musik ist das erste, was ich morgens mache, und das letzte vor dem Schlafen gehen.


Brauchst du also Sicherheit in deinem Privatleben, um Musik so zu machen?
Nein, so würde ich das nicht sagen. Ich wollte nur betonen, dass jeder Angst vor Veränderungen hat. Davor ist man nicht immun.

Ermüden dich Dinge schnell oder bist du schnell gelangweilt, dass du immer etwas total anderes machen musst?
So würde ich das nicht beschreiben – es ist nicht so, dass ich eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hätte. Ich habe all diese Stimula in mir, die mich kreativ werden lassen. Ich weiß nicht, warum das so ist. Manchmal versuche ich, Dinge herauszufinden. Manchmal lerne ich während der Arbeit – besonders bei Peeping Tom war das so. Da habe ich sehr lange gebraucht, um Dinge zu lernen. Ich bin da in einer glücklichen Lage, andere Menschen müssen gleich am ersten Tag alles können.


Ich hatte das Bild eines Kochs, der an einem Tag italienisch kocht, am nächsten Tag was Asiatisches und so weiter.
Wenn ich gestern Sushi gehabt habe, möchte ich das bestimmt nicht heute schon wieder essen.

Aber natürlich musst du deine Gerichte alle selber kochen.
So lernt man aber viele Dinge. Und was Peeping Tom angeht: Ich hatte schon viele Jahre keine Pop-Songs mit klaren Strukturen in vielen Jahren. Das brütete in mir. Und nun endlich ist es soweit, dass es raus kommt.

Ich habe noch eine Frage, bevor wir zu Peeping Tom kommen: Viele deiner Projekte sind sehr speziell, um nicht zu sagen obskur. Da wirst du nicht viele Leute finden, die deinen Geschmack teilen…
…Darum kann man sich nicht kümmern. Man spricht natürlich nur zu einer bestimmten Gruppe von Leuten, vermutlich einer sehr abenteuerlustigen. Ich habe da keine großen Illusionen. Ich bin mir bewusst, dass das so ist. Aber man kann sich als Künstler damit nicht beschäftigen, ansonsten würde man verrückt werden. Das hab ich vor Jahren aufgegeben.


Peeping Tom ist Pop-Musik. Brauchtest du ein paar Jahre weit weg von Pop, um so etwas zu machen? Oder war es wirklich nur Zufall, weil das Projekt so lange brauchte?
Ich habe nicht wirklich gewartet. Ich habe im Jahr 2001 mit Peeping Tom angefangen, und seitdem hab ich eine Menge anderer Dinge gemacht. In der Zwischenzeit wurde Peeping Tom zu so etwas wie meinem Hobby. Wie schon gesagt: Ich musste eine Menge dabei lernen, weil ich noch nie mit so vielen elektronischen Musikern gearbeitet, mit so vielen Produzenten und Leuten, die die Beats programmieren. Ich hatte seit Jahren keinen Produzenten mehr. Also musste ich erstmal herausfinden, wie das alles am besten funktioniert. Bei den Bands habe ich Sounds im Kopf. Da weiß ich, wie Gitarre, Bass, Keyboard und Saxofon klingen sollen, also gehen wir für ein paar Tage ins Studio, und es ist vollbracht. So hat das nicht funktioniert. Ich wollte dieses Projekt anders angehen. Also entschied ich mich dazu, die Sachen per Mail zu verschicken und zwar an Leute, die ich nicht kannte, aber bei denen ich auf ihre musikalische Fähigkeiten vertraute. Trotzdem würde ich nicht mit ihnen in einem Raum sein. Das hat Vor- und Nachteile, hat aber definitiv dazu geführt, dass alles so lange dauerte. Es gab noch andere Gründe, warum sich die CD verzögerte. Ich hab mit einem Major-Plattenfirmen gesprochen, was mich ein bisschen abgelenkt hat.

Du hast jetzt eine Menge Sachen erwähnt, auf die ich gerne zu sprechen kommen würde. Lass uns mal am Ende anfangen: Was hast du erwartet, was ein Major dir bieten könnte und was du nicht selber auf Ipecac erreichen würdest?
Geld.

Ein guter Punkt.
Das ist so. Es gibt wenige Sachen, die dir solch ein Label bietet. Geld, ein Profil, einen guten Vertrieb. Sie können dir Geld geben für ein gutes Video. Vor allem können sie dir viel mehr Geld im Voraus geben. Es gibt nur einen einzigen Grund, mit ihnen zu arbeiten: einen dicken Batzen Geld einzustreichen. Oder berühmt zu werden, aber das steht auf meiner ‘To Do’-Liste ziemlich weit unten. Ich war mir bei diesem Projekt nicht sicher, wie viele Menschen es mögen würden. Und wenn mir jemand viel Geld geboten hätte, wäre ich schön blöd gewesen, es nicht zu nehmen.

Aber am Ende hat dich angeekelt, was sie dir boten.
Der Prozess, durch den ich musste, hat mich angekotzt. Ich hätte es besser wissen müssen, also sollte ich mich nicht beklagen. Außerdem habe ich das alles freiwillig gemacht, niemand hielt mir eine Pistole vor den Kopf. Ich wollte alle Optionen erkunden, damit diese Platte die Chance bekommt, von einer Menge Leute wie möglich gehört zu werden. Aber diese Dinner-Meetings und all der juristische Kram hat mich gestört. Ich habe mich mit sechs, sieben Firmen getroffen, und es lief immer auf solche Sachen hinaus: “Das klingt sehr gut, aber könntest du nicht dies und das machen?” “Lass uns doch erst einen Demo-Deal unterschreiben!” oder “Erst triffst du dich mit dem A&R, dann mit jemandem etwas weiter oben auf der Leiter.” Dieser Prozess dauerte acht Monate, wenn nicht ein ganzes Jahr, ohne dass ich wusste, was eigentlich los ist. Einige Firmen machten Angebote, einige davon waren gut, andere nicht so. Und dann muss man herausfinden, ob die guten Angebote wirklich gut sind. Sie boten eine Menge Geld, aber wollten einen Exklusiv-Vertrag. Ich hätte also alle meine Sachen weggegeben. Wenn man mit einem Major arbeitet, gibt es in dieser riesigen Firma ein oder zwei Leute, die vielleicht verstehen und mögen, was du machst. Und ich fand genau diese Person, weil er sehr viel für vorige…. also, für Faith No More gearbeitet hat. Er kannte meine Einstellungen, ich vertraute ihm – und er wurde rausgeworfen. Also war’s das.


Klingt nach all den Klischees, die ich immer zu hören bekomme, wenn jemand mit einem Major arbeitet.
Wenn man wirklich den Mut hat, seine Nase in diese Welt zu stecken, muss man auch damit rechnen, dass die Nase am Ende ab ist. Aber ich bin froh darüber, dass nun alles so gekommen ist. Ich habe auf eine Menge Scheine verzichtet, aber mir gehört meine Musik. Ansonsten wäre die Musik wohl nie so rausgekommen und ich hätte nochmal neu anfangen müssen.

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass eine Menge Rechtsanwälte involviert waren – bei den Künstlern, mit denen du arbeitest.
Nein, gar nicht. Es war von wenigen Ausnahmen abgesehen sehr einfach. Man konnte mit allen ganz wunderbar arbeiten. Und jeder hat den gleichen Standard-Vertrag bekommen. Ich war von vorne herein sehr offen, und die Leute haben es definitiv nicht fürs Geld gemacht. War ja auch nicht viel da. Die Leute mochten das Zeugs und haben ihren Anteil abgeliefert. Gerade die bekannteren Künstler haben mich von all den Dingen, die mit großen Plattenfirmen und Managern so kommen, abgeschirmt. Offensichtlich wollten sie unbedingt dabei sein.

Um nochmal darauf zurückzukommen, was du vorhin gesagt hast – dass du die Lieder in die Post gesteckt und auf eine Antwort gewartet hast. Wie viel von den Liedern ist also deins, wie viel haben die Leute beigesteuert, mit denen du gearbeitet hast?
Das kommt darauf an. In den meisten Fällen hatte ich die Musik geschrieben, und für die Sänger hatte ich die Texte fertig. Die Rapper waren eine Ausnahme, weil ich sie gerne ihr Ding durchziehen lasse. Amon Tobin habe ich folgendes geschrieben: “Die Struktur des Songs ist so und so. Es gibt in den Strophen einen Beat, der schlecht ist. Mach ihn interessanter!” Das ist eine meiner Schwächen, ich bekomme keine guten Beats hin. “Die Bridge ist ein bisschen dünn, vielleicht findest du etwas Interessantes dafür. Und im Chorus brauchen wir was Tiefes.” Ich gab den Leuten also Anleitungen, aber auch die Freiheit, etwas Eigenes zu machen. Bei den meisten Tracks bekam ich ein perfektes Resultat zurück. In ein paar Fällen war ich nicht so zufrieden und habe es zurückgeschickt. Das war bei Massive Attack so. Die erste Version, die sie mir schickten, gefiel mir nicht, deshalb habe ich die Sachen zurückgeschickt. Dann haben sie etwas komplett Neues gemacht, sie arrangierten das komplette Lied um und benutzten meine Sachen als Rohmaterial. Dadurch wurde das Lied zu dem am meisten produzierten Track des Albums. Sie schickten den Track ein bisschen beschämt zurück: “Du wirst das wohl nicht mögen”, schrieben sie mir. “Das ist ein bisschen zu Uptempo für uns, wir sind eigentlich besser, wenn die Musik depressiv und langsam ist.” Aber es war fantastisch, absolut brillant. Ich dachte nur, wenn das Massive Attack an einem schlechten Tag ist, möchte ich mal die guten sehen.

Ich nehme einfach mal an, dass du ein Kontrollfreak bist…
Ich habe einfach eine Idee davon, was ich haben möchte. Und meistens weiß ich auch, wie ich das bekomme. In diesen Fällen brauchte ich ihre Expertise, aber ich hatte durchaus einen Sound in meinem Kopf. Dafür holt man sich auch großartige Musiker, weil sie nämlich Anweisungen annehmen, Ideen interpretieren und gute Resultate liefern können. Man muss auch innerhalb dieser Beschränkungen kreativ sein können und seine Stimme bemerkbar machen. Es gab niemanden, der sich eingeschränkt fühlte.

Jemand wie Dan The Automator oder Massive Attack machen normalerweise ihr eigenes Ding. Sie hatten kein Problem damit, deinen Anweisungen zu folgen?
Nein. Ich glaube, das ist auch eine Herausforderung. Ich bin gerne in solche Situationen involviert. Genau da lernt man nämlich. Massive Attack haben eine Menge Kollaborationen gemacht, aber vielleicht keine, die so war wie diese. Es war ein spannendes Abenteuer. Dan und ich sind enge Freunde, mit ihm war es besonders einfach. Er gab mir einen existierenden Track von ihm, mit dem ich dann weiterarbeitete. So ist ihm das am liebsten. Das war für mich etwas ungewohnt, aber man muss immer schauen, wie jemand sich am wohlsten fühlt, seine Stärken nutzen und die Schwächen verstecken. ‘Mojo’ jedenfalls ist zum größten Teil Dans Track.

Hast du eigentlich das Projekt Peeping Tom genannt, weil du wie ein Voyeur Einblicke gewinnen konntest in die Arbeitsweisen anderer Künstler?
Das passt, auch wenn ich darüber so noch nicht nachgedacht habe. Um ehrlich zu sein, wollte ich erstmal einfach nur diesen Titel benutzen. Es gibt diesen großartigen Film aus den Sechzigern, den ich sehr mag. Deswegen habe ich immer etwas gesucht, um den Namen zu benutzen. Aber ja: Ich gucke durch’s Schlüsselloch in anderer Leute Welten und gewinne dabei ein paar Einblicke.

Lass uns doch mal über ein paar der anderen Künstler reden, mit denen du gearbeitet hast. Natürlich interessiert mich Norah Jones, aber auch Bebel Gilberto. Wie hast du sie überhaupt ausgesucht?
Ich hatte mit keiner von beiden vorher gearbeitet. Norah Jones habe ich bislang noch nicht mal getroffen, wir haben nur ein paar mal telefoniert. Ihr Name fiel zunächst als Witz. Ich fragte einen Toningenieur, mit dem ich befreundet bin und der auch an dieser Platte gearbeitet hat, welche Sängerin ich nehmen könnte. Ich wollte niemanden Offensichtliches nehmen, sondern eine Künstlerin außerhalb des üblichen Kreises mit einer guten Stimme, die etwas Ungewohntes machen würde. Wir haben ein paar Namen in den Raum geworfen, und er erwähnte Norah Jones. Die Idee war großartig, aber ich hätte gedacht, dass sie das niemals tun würde. Aber man weiß ja nie. Am Ende war es so einfach, mit ihr zu arbeiten, einfach traumhaft. Sie hat den Track echt gekillt, er ist verdammt schön geworden. Sie hat, was ich wollte und mehr, ohne einmal zu blinzeln. Sie liebte das Lied, wusste genau, was sie machen sollte, und sagte auch noch, dass sie mir Probleme mit ihrem Label vom Hals halten würde. Es war großartig, eine echte Überraschung. Wenn man mit Leuten dieser Statur arbeitet, kann das ein Albtraum werden. Norah gibt einem Vertrauen in die Menschheit, sie ist eine Künstlerin, der es wichtig ist, was sie macht, und die dafür auch einsteht, auch wenn es nicht so gut für ihr Image sein könnte.

Hatte sie irgendwelche Probleme mit dem Text, wo es von “Motherfucker” und ähnlichen Worten ja nur so wimmelt?
Absolut nicht. Sie liebt den Text.


Bei dem Lied dachte ich, dass das die perfekte Single, das Video sein würde. Aber dafür müsste man zu viele Textstellen ausbeepen.
Als wir über eine Single redeten, ging es natürlich auch um dieses Lied. Aber aus genau dem Grund könnte die Wahl komplizierter sein als bei anderen Tracks.

Hast du darüber nachgedacht, den Text zu ändern? Schlug dir das jemand vor?

Nein. Es gibt eine Kette, die Angst hat, dass dieses Lied in ihren Hörstationen zu hören ist. Die wollte, dass wir das Lied ändern, was ich aber abgelehnt habe. Dann sollen sie es eben auf ihren Hörkopien weglassen.


Bebel Gilberto ist bei “Caiprinha” die offensichtliche Wahl.
Definitiv. Ich habe sofort an sie gedacht, aber sie war eine komplett fremde Person, ich hatte keine Ahnung, wie sie sein würde: eine schreckliche Diva, engstirnig oder offen… Ich habe dann meine Fühler über Freunde, die sie kennen könnten, ausgestreckt. Es dauerte eine Weile, aber ich bin an sie rangekommen. Und ich hatte wiederum Glück: Sie kannte meine Musik und wollte mitarbeiten, ohne überhaupt den Song zu kennen. Ich lernte also wiederum eine gute Person kennen, die Lust auf ein Abenteuer hatte.

Denkst du darüber nach, mit Peeping Tom auf Tour zu gehen? All diese Leute auf eine Bühne zu bringen, dürfte fast unmöglich sein.
Auf jeden Fall. Das sollte nicht zu schwierig sein. Natürlich nicht unbedingt mit genau diesen Leuten, aber vielleicht mit ein paar von ihnen. Und dann mit Leuten, die die Löcher stopfen. Das sollte Spaß machen, mit dieser Band zu touren. Ich werde wohl eine sechs- bis siebenköpfige Band brauchen, Background-Sänger, einen Rapper, vielleicht einen DJ, Percussion, Gitarre und Drums. Das kriege ich schon hin.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich hatte das Gefühl, dass du viele kulturelle und politische Referenzen benutzt. “How U Feelin” klingt sehr politisch. Stimmt das?
Doseone ist definitiv sehr politisch, aber ehrlich gesagt, verstehe ich nicht all seine Worte – er ist so schnell.

Aber auch deine Worte sind sehr politisch.
Nennen wir ihn einen positiven Song über die Apocalypse.

In “Five Seconds” hast du Stalingrad erwähnt.
Richtig, aber nur, weil es so gut klingt.

Der Verweis auf Britney Spears in “Mojo” ist vermutlich ein Witz.
Ich habe eine Menge solcher offensichtlichen Witze gemacht.

Welches deiner Projekte ist eigentlich dein liebstes?
Das hängt von der Jahreszeit ab. Wenn es warm ist, Peeping Tom, im Winter vielleicht Fantômas. Ich suche ein Werkzeug für jede Gelegenheit, und ich sehe jedes dieser Projekte als Lösung für bestimmte Situationen. Manche mögen vielleicht denken, meine Projekte sind eher die Probleme als die Lösungen. Das ist auch okay. Wenn manche Leute glauben, ein Projekt sei ein Problem, hoffe ich auf ihre Geduld und darauf, dass sie es lösen.

Wie schreibst du eigentlich all diese Sachen: Setzt du dich hin, entscheidest dich, was Neues für Fantômas zu schreiben, und tust das dann auch? Oder hast du eine Idee und überlegst dir dann, zu welcher Band das passt? Bis du dann vielleicht genügend Material für ein Projekt zusammen hast, um daraus ein Album zu machen.
Ein bisschen von beidem. Aber mittlerweile muss ich etwas im Voraus planen. Wir haben schon lange kein Tomahawk-Album gemacht, also arbeite ich gerade daran. Wenn eine Platte erscheint, arbeite ich schon an mehreren anderen Projekten. Für gewöhnlich arbeite ich ohnehin an drei oder vier Sachen gleichzeitig. Ich schreibe dann ein paar Lieder für Tomahawk an einem Tag und an einem Film-Soundtrack am nächsten. Man muss nur die Balance finden.

Wie viel Zeit hast du für ein Projekt?
Kommt darauf an. Bei den Bands legt man Termine fest, wenn man ins Studio geht. Das muss genau geplant sein. Die Overdubs erledige ich Zuhause in meinem eigenen Studio. Bei Peeping Tom war ich nicht einmal in einem richtigen Studio, das habe ich komplett Zuhause oder bei Freunden gemacht.

Was kommt denn als Nächstes von dir?
Mit Tomahawk werden wir wohl bis Ende des Jahres aufnehmen. Außerdem arbeite ich an einem klassischen Stück mit einem Chor, was ziemlich interessant sein könnte. Ich arbeite an zwei Filmscores gleichzeitig, was sehr ermüdend ist. Dann gibt es noch ein paar Gastauftritte und Remixe. Ich bin auch schon drei Viertel durch mit dem zweiten Peeping Tom-Album. Das ist das Gute daran, dass ich für die erste Platte so lange brauchte, weil ich immer weiter schrieb. Ich habe sogar schon genug Material für drei Alben.

Hast du schon die Künstler für die nächste CD ausgesucht?
Ein paar, nicht alle. Einige Tracks sind auch von der ersten Platte übrig geblieben, unter anderem von den Jungs von Anticon und von Richard Devine, mit dem ich vier Tracks habe, die bisher noch ungenutzt sind. DJ Mug hat ein paar Songs gemacht.

Wird es denn eigentlich irgendwann ein Fantômas/Melvins/Big Band Studio-Album geben?
Das könnten wir machen, ich wüsste allerdings keinen Grund. Bei der Band geht es um das Live-Event. Wir haben eine Live-Platte gemacht, und ich denke das ist genug. Vielleicht müssten wir mal ein neues Repertoire für die Band schreiben. Aber Lieder, die wir schon live spielen, nochmal im Studio aufzunehmen, macht keinen Sinn.

Text: Dietmar Stork