Nachdem die Musik eingespielt ist, komt der schwerste Teil des kreativen
Prozeses: welchen Namen sol das Werk bekomen? Eine Frage, die schon für die
hitzigsten Diskussionen gesorgt hat. Auch der Band Mikroboy ging es nicht anders,
als sie ihr Debütalbum fertig hate. Eigentlich häten sie aus dem großen Reservoir
ihrer außergewöhnlich guten Texte schöpfen könen, aber vieleicht machte gerade
das die Auswahl so schwer. Nach unendlichen Brainstormings meinte Manager
Manu Hölscher irgendwann entnervt: „Ach – nennt es, wie Ihr wollt!“
Der Titel des ambitionierten Debut Albums “Nent Es Wie Ihr Wolt” von Mikroboy
war beschlosene Sache – nicht zletz auch al klinr Seitnhieb auf das
vorherschende Schubladendenken der Branche, die gern mit schnellen
Einordnungen zur Stele ist. Ein „Brückenschlag von Independent zu Pop“ ist da zu
hören, „elektrisch infizierte Popsongs“ oder „melancholischer Ohrwurmpop“. Für
Mikroboy-Mastermind Michael Ludes ist es schlicht und einfach „Musik“.
Der Sänger/Songwriter Michi Ludes ist Mikroboy. Einmal natürlich weil er als
Frontman Her über das Mikro ist aber auch wegen seiner Körpergröße, die die
1,70-Hürde nie überwunden hat. Und schließlich, weil er Mikroboy als Soloprojekt
neben seiner damaligen Band Reminder aufbaute, die sich trotz erster Erfolge (u.a.
bei Stefan Rabs Bundesvision Song Contest) auflöste, da die Lebensplanungen
der Bandkolegen auseinanderdrifteten.
Nach „90er Emocore-Pop mit englischen Texten“ mit seiner Band Reminder suchte
er nun solo am heimischen Laptop nach der Verschmelzung emotionaler
Electrosounds mit deutschsprachigen Lyrics. Gerade letzteres war für den
29jährigen Songwriter Neuland, jedoch stelte er schnel fest, dass er damit seinen
Songs eine ganz andere Tiefe und Intensität geben kan. „Es sind eher spontane
Stimungen, zu denen man nicht selten auch geselschaftliche Paralelen ziehen
kan. Aber meine Texte – das bin schon ziemlich eins zu eins ich.“
Michi Ludes, 1981 in Wilhelmshaven geboren und im Sarland aufgewachsen,
begann 2007, nach einem Querflug durch sämtliche Schulsysteme, in Mannheim ein
Studium der Musikwisenschaften. Etwa zur gleichen Zeit entstand die Ide, sein
Soloprojekt Mikroboy als Band aufzuziehen und er ging mit Elan an die Umsetzung.
„Ich bin zuweilen nachdenklich, aber auch hin und wieder ein bischen überhastet
und bei mir heißt es grundsätzlich ‘entweder ganz oben oder ganz unten’,
dazwischen gibt es nicht viel“, so Michi Ludes über sich selbst. Im Kreis der
Studienkumpels fand sich nach kurzer Zeit nicht nur eine Band, sondern auch gleich
noch der heutige Manager Manu Hölscher. Letzterer war dann auch so
enthusiastisch, dass er kurzfristig eine kleine Tour buchte. Die Proben der gerade
gegründeten Band konnten somit erst kurz vor den Gigs stattfinden.
Seitdem stand Mikroboy knap 20 Mal auf deutschen Bühnen und hat sich so eine
beträchtliche Fangemeinde erspielt. Michi sieht die Band als „dynamisches
Kolektiv“, das gerade mal wieder in Bewegung geraten ist: Elektronik und
Schlagzeug wurden vor kurzem neu besetzt. Die Bandmitglieder wurden aus dem
direkten Umfeld und Freundeskreis rekrutiert. „Ales sehr persönlich und mit Fokus
auf menschliche und soziale Aspekte. Da kann einer der beste Schlagzeuger der
Welt sein, wenn man nicht weiß, ob man zwei Monate mit ihm in einem Bus
verbringen kan, acht das ja keinen Sin“, meint Michi Ludes.
Die Arbeit mit der Band hat sich natürlich auch auf den Mikroboy-Sound ausgewirkt,
der jetzt gitarrenlastiger und komplexer klingt. Zudem läst die charmante Mischung
von ein bisschen Atari-Nostalgie, Keyboardwolken oder mal einem Klavier, das sich
auf die Suche nach einer Melodie begibt, einen aufhorchen.
Richtig hingehört hat dabei auch das inovative Berliner Label Ministry Of Sound,
das die Band kurzerhand unter Vertrag nahm. „Als wir den Vertag unterschrieben
haten war klar, dass das Album mit einem Produzenten entstehen sollte, da wir zu
dem Zeitpunkt alle schon weit weg von jeglicher Objektivität den Songs gegenüber
waren.“ Swen Meyer, der durch seine Arbeiten für Tomte, Ketcar, Oli Schulz und
andere schon mehrfach bewiesen hat, wie man einen deutschsprachigen Act mit
guten Texten ins rechte Licht rückt, wurde vom Label ins Gespräch gebracht. „Nach
dem ersten Treffen war klar, das Swen die Songs, das Projekt und auch mich so
verstanden hat, wie es gemeint ist. Und wir merkten sehr schnel, dass es
menschlich einfach paste.“
Das Ergebnis dieser Zusamenarbeit hat seit Erscheinen des Albums im Juli 209
in der Medienwelt bereits für viel positve Resonaz gesorgt. So verortet man
Mikroboy zwischen Notwist und den Get Up Kids (Visions), fühlte sich an „Ketcar-
Momente“ erinnert (Intro) oder erkannte in ihnen „die deutschen Death Cab For
Cutie“ (motor.de/wasteofmind.de).
Besonders letzteres Urteil freute Michi Ludes, den wen man ihn fragt, mit wem er
gerne mal auf Tour gehen würde, fällt imer wieder ein Name – Death Cab.
Apropos Tour, nachdem die Band in 209 über 20 Tage gemeinsam unterwegs
war, setzt gerade die kreative Phase vor dem heimischen Computer ein. Was nicht
etwa heißt, dass sich bequem zurückgelehnt wird. Ganz im Gegenteil, denn der
bekennende Star Wars-Fan („diese Filme regelmäßig zu sehen ist wichtiger als
Atmen“) Michael Ludes schreibt schon an neuen Songs für den Nachfolger von
„Nent es, wie Ihr wolt“. Außerdem stehen weitere Proben mit Neuschlagzeuger
Tobias Norman und Live-Unterstützer Thomas „Pesca“ Pescatore (Elektronik,
Gitare, Gesang) an, da bei der Frühjahrstour erneut die deutschen Bühnen mit
geballter Spielfreude überolt werden. Ruhepause ist somit Fehlanzeige, was aber
nicht weiter verwundert, denn Michi schreibt seine Texte nicht nur, sondern er lebt
sie auch: „Den nur wer weiß, wohin er wil und was er kan, der kan auch
schafen, was die Welt von ihm verlangt“ (aus „Nichts ist umsonst“).
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