Das im 2003er Spätherbst in den USA veröffentlichte Debütalbum ‘Logic Will Break Your Heart’ presste die aus Montreal, Kanada, stammende Band ein bisschen in die Schublade, in der sich seiner Zeit auch Interpol befanden: ein bisschen selbstverliebt im Klang, mit hedonistisch-hingesungegen Textfetzen und viel Lust zum Joy Division-Zitat. Mit ‘Without Feathers’ steht nun die Veröffentlichung des zweiten Werks an.
Vom dominierenden Sound auf ‘Logic Will Break Your Heart’ ist allerdings auf ‘Without Feathers’ nicht mehr so viel übrig geblieben. War es vor allem der Song ‘Still In Love Song’, der mit seiner New Wave-Gitarre, dem Disco-Basslauf und den melancholischen Zeilen dafür sorgte, dass The Stills, gerne vor, nach oder zwischen zwei Interpol-Songs liefen und somit The Stills als “typische New Yorker-Band” adelte, so sorgt das von Außen verpasste Prädikat innerhalb der Band bis heute für ein großes Schmunzeln. “Die Leute denken immer noch: The Stills – das ist doch diese New Yorker Band. Aber weißt du was? Wir kommen aus dem kanadischen Montreal, haben ‘Logic Will Break Your Heart’ zwar in New York aufgenommen, aber dort nie länger gelebt. Wir sind also alles andere als eine dieser typischen New Yorker Bands. Funny, Huh?”, grinst Dave Hamelin, früherer Drummer und jetziger Sänger und Gitarrist der Band.
Nachdem ‘Logic Will Break Your Heart’ in den USA für Begeisterung und das nötige Kleingeld sorgte, und mit Verspätung auch Europa verzückte, geriet das eigentlich harmonische Gespann in eine Bandkrise, die The Stills beinahe zerrieben hätte: Der Gitarrist Greg Paquet verließ letztendlich als Freund die Band, er fühlte sich dem Dauerstress und der gereizten Stimmung nicht mehr gewachsen. Auch Dave schmiss seine einstige Position an den Drums hin, schnappte sich eine Gitarre und unterstützte seitdem als zweiter Sänger die Gesangeskünste von Tim Fletcher. So klingen auch die neuen Songs auf “Without Feathers” ganz anders als das, was auf ihrem noch vorherrschte: wesentlich leichter und weniger düster, mit Pianospiel und cheesy Saxophon anstelle eines Disko-Basslaufs. Die Neu-Ausrichtung hingegen sorgt vor allem live für große, staunende Augen: “Die Leute im Publikum machen bei unserer derzeitigen Tour durch die USA große Augen, denn sie erwarten eigentlich so etwas wie ‘Still in Love Song – Part II’ und dann spielen wir unseren jetzigen Sound. Erst sind sie ganz steif und dann rasten sie trotzdem aus. Funny, Huh?”
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Hören des Albums zu Hause. Nach dem ersten Durchlauf hält sich die Begeisterung in Grenzen – ‘Without Feathers’ klingt zu brav alternativ, zu sehr nach selbstverliebtem US-Rock. Doch nach mehrmaligem Durchlauf entpuppt sich der ein oder andere Song (‘It Takes Time’, ‘In the Beginning’, ‘Baby Blues’) als dem ‘Still In Love Song’ ebenbürtig. Bleibt zu hoffen, dass die Neu-Erfindung von The Stills sein Publikum findet. Verdient hätten sie’s allein für ihren Mut allemal.
Text: Heiko Reusch
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