Satte vier Jahre war nichts mehr von Stone Sour zu hören. Bevor die goldene Schallplatte für das Debüt endgültig einstaubt, kommt die Band um die beiden Slipknots Corey Taylor (Gesang) und James Root (Gitarre) mit ihrem neuen Album “Come What(ever) May” um die Ecke. Erwachsen, straight und durchdacht, könnte diese Scheibe Stone Sour endlich dazu befähigen, aus dem schier übermächtigen Windschatten von Slipknot herauszutreten.
Entsprechend stolz, wenn auch ein wenig erschöpft, ruft Corey Taylor vom Rock Am Ring an und eröffnet das Gespräch gleich mit einem echten Knaller: “Obwohl es sicherlich stimmt, dass Stone Sour von vielen noch als Nebenprojekt von James und mir wahrgenommen werden, ist uns das eigentlich egal. Ich weiß um die Klasse dieses Albums, das meiner Meinung nach das absolut beste ist, das ich jemals aufgenommen habe!” Das werden einige der Maggots (dt. Maden), wie sich die Slipknot-Fans merkwürdigerweise nennen, sicherlich vehement bestreiten. Aber Taylor hat durchaus Recht, denn das Album ist ein wirklich gelungenes Stück moderner Rock-Musik. Diese Qualität hat natürlich auch Roadrunner erkannt und pusht Stone Sour wo es nur geht. Da kann sich der Sänger einen ironischen Rückblick auf den Release des Debüts nicht verkneifen: “Man muss wissen, dass Stone Sour schon vor Slipknot existierten. Als James und ich dann 2002 beschlossen wieder unter diesem Namen Musik zu machen, sträubte sich Roadrunner ziemlich dagegen. Als sie dann jedoch realisierten, dass man mit uns auch gutes Geld verdienen konnte, änderte sich der Ton schlagartig. Das ging dann sogar soweit, dass man uns für das neue Album regelrecht unter Druck gesetzt hat, den Erfolg des Erstlings zu toppen.” Die Band ließ sich jedoch von dieser Erwartungshaltung seitens des Labels nicht
nervös machen und widmete der Arbeit an den neuen Stücken ausreichend Zeit.
Das hörbar gereifte Songwriting profitiert, neben der beeindruckenden Performance Taylors, vor allem durch das Spiel des neuen Drummers. Roy Mayorga, früher bei Soulfly und dieses Jahr aushilfsweise bei der Sepultura-Tour beschäftigt, ersetzt Gründungsmitglied Joel Ekman, von dem sich die Band im typischen gegenseitigen Einvernehmen trennte. Eigentlich sollte Mayorga, der auch auf dem ‘Roadrunnner United’ – Album trommelt, nur als Sessionmusiker
das Album einspielen, entwickelte sich aber schnell zum perfekten Dauerkandidaten. “Da Roy ein erstklassiger Drummer und dazu noch höchst professionell ist, war er der erste Kandidat als im Studio Not am Mann war. Sobald wir ihn dann aber trafen, ihn besser kennen lernen konnten und vor allem sein unglaublich mächtiges Drumming hörten, waren alle in der Band sofort überzeugt. Da fragten wir ihn, ob er es sich vorstellen könnte, vollends in die Band einzusteigen. Er war total begeistert und sagte zu. Mit diesem Line-Up sind wir nun so stark wie noch nie.”
In den nächsten Monaten wird das neue Bandgefüge einer ersten Belastungsprobe unterzogen werden, wenn sich Stone Sour in den USA dem Tross der reanimierten ‘Family Values’- Tour anschließen. Zusammen mit den Zugpferden Korn, The Deftones und den Newcomern Flyleaf und Dir En Grey sorgen die fünf aus Iowa in den Amphitheatern der Staaten für eine Beschallung mit zeitgemäßem Hard-Rock. Ein Genre, das, von wenigen Ausnahmen abgesehen, heutzutage kaum mehr repräsentiert wird. “Da hast du leider Recht. Ich würde sogar noch weiter gehen und behaupten, dass momentan keine Band so klingt wie wir.” Eben jene musikalische Einzigartigkeit wird sich denn auch als einer der größten Vorteile für Stone Sour erweisen. Wie gewohnt kleinlaut hat Taylor nämlich für seinen offenkundig liebsten musikalischen Spielplatz nur ein bescheidenes Ziel, die Weltherrschaft. Metaphorisch gesehen. “Ich will mit Stone Sour genau das und noch mehr erreichen, was ich auch schon mit Slipknot geschafft habe.” Wenn das dann wider Erwarten doch nicht klappen sollte, können Taylor und Root, alias No. Acht und No. Vier, ja immer noch mit Overall und Maske bei Slipknot weiter machen. Das wird, unabhängig vom Erfolg Stone Sours, aber sowieso
geschehen. Wann aber genau mit neuer Musik des Iowa-Neuners zu rechen ist, weiß auch Taylor noch nicht: “Daran denke ich jetzt noch nicht. 2006 und 2007 werden Jim und ich uns voll auf Stone Sour konzentrieren. Eventuell wird sich danach was tun. Wenn es soweit ist, werdet ihr es erfahren.”
Text: Martin Schmidt
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