Über das Außenseitergefühl in Alaska, farbenfrohe Bilder mit Männern in Portugal und schwangere Frauen.
Portugal.The Man veröffentlichen seit ihrer Gründung 2004 ein Album nach dem anderen und sind in ihrer Heimat Alaska nur noch äußerst selten anzutreffen. Dass das aber eigentlich nur daran liegt, dass sich die experimentelle Indie-Rock Band zu Hause nichts zu Essen leisten kann, erzählten Bassist Zach Carothers und Keyboarder Ryan Neighbors im Gespräch mit motor.de.
motor.de: Ihr habt im Sommer viele Festivals gespielt, wie war das so für euch?
Zach: Ja, die Festivals sind wirklich cool, da sind so viele Leute und tolle Bands, es ist ein toller Party Vibe, aber es ist eben nicht deine eigene Party. Die Menschen sind wirklich weit weg. Die kleinen Club Gigs sind deshalb irgendwie auch toll. Aber wir mögen beides. Auf den Festivals haben wir eben auch andere Bands gesehen wenn wir nicht zu beschäftigt waren mit Interviews oder so, das war auch cool.
motor.de: Eure letzten Alben waren alle sehr unterschiedlich, ihr habt vieles ausprobiert – gibt es irgendwas, wonach Portugal.The Man nie klingen wird?
Ryan: Nein. [überlegt] Wahrscheinlich werden wir nie Country machen. Aber es gibt ja auch coolen Country. Also…vielleicht machen wir das auch mal.
Zach: Ja. Außer Country Pop ist alles gut. Und es gibt einfach so viel, es macht mehr Spaß immer etwas anderes zu probieren. Und eigentlich ist es doch alles Rock n’ Roll, wir sind also in einer ganz guten Position.
motor.de: Ihr seid zuerst in Europa und vor allem in Deutschland bekannt geworden – denkt ihr, dass es einen großen Unterschied in der Musikszene in Deutschland und den Staaten gibt?
Ryan: Ja, die Leute hier sind einfach viel offener. Wenn sie es mögen, dann ist es einfach so, egal ob andere die Band gut finden oder nicht. Es ist keine bestimmte Gruppe von Leuten, die unsere Musik hört. Bei anderen Bands ist es irgendwie oft die selbe Art von Menschen, eine bestimmte Gruppe, die zu den Shows geht. Bei uns ist das ganz unterschiedlich. Das ist toll. Besonders hier in Deutschland.
motor.de: Sind die Leute in den USA dann eher Charts-orientiert, oder was meint ihr damit, dass die Leute hier „offener“ sind?
Zach: Ja, die meisten schon. Aber in der Underground Musikszene sind wir inzwischen auch recht bekannt. Trotzdem ist es auch da eine ganz bestimmte Altersgruppe, die uns kennt und mag, Leute zwischen 18 und 30. Hier gibt es auch ganz Junge und ganze Alte, die zu unseren Konzerten gehen, das ist wirklich super.
motor.de: Ihr interessiert euch auch für Kunst und Design, ist das richtig?
Zach: Ja, vor allem unser Sänger, John, er zeichnet gerne und malt. Und macht unser ganzes Artwork, von den Covern bis zu den Shirts.
motor.de: Wenn ihr eure Musik in einem Gemälde beschreiben müsstet, wie würde das aussehen?
Ryan: Wow, das ist eine gute Frage… ich weiß es echt nicht.
Zach: Ja, das ist wirklich schwer. Wahrscheinlich wäre es sehr farbenfroh. Viele verschiedene Materialien und Farben.
Ryan: Und schwer zu begreifen, nicht so leicht anzuschauen.
motor.de: Weil eure Musik auch schwer zu begreifen ist?
Ryan: Nein, das glaube ich nicht. Aber es wäre schwer alle Bandmitglieder und alle Alben in ein einziges Bild zu kriegen. Es wäre sehr abstrakt. Oder einfach nur ein Mann der in Portugal steht [lacht].
motor.de: Ein Teil von euch kommt aus Alaska richtig?
Zach: Ja genau, bis auf Ryan, der aus Portland kommt, sind wir alle aus Alaska. Aber für die Musik war das nicht gut, es ist so weit weg von allem anderen und es ist sehr isoliert. Also haben wir beschlossen, nach Portland zu gehen, weil wir da auch schon Freunde hatten und viele Leute kannten. Alaska ist einfach sehr abgeschieden, man ist da inmitten von einem Wald und drum herum ist nichts. Man fühlt sich auch nicht wirklich als Teil der USA. Am Anfang war es irgendwie komisch in so großen Städten und unter so vielen Menschen zu sein und so viel Neues zu sehen. Die Kunstszene in Portland ist außerdem sehr groß, davon haben wir vorher in Alaska auch nicht viel zu sehen bekommen.
motor.de: Ryan, wie bist du dann zur Band gekommen?
Ryan: Ich war eigentlich in einer anderen Band. Wir haben dann mit Portugal.The Man gespielt und danach immer Kontakt gehalten. Irgendwann sind wir als Backing Band mit ihnen auf Tour gegangen, ich hab Keyboard gespielt und wir waren zu sechst auf der Bühne. Und dann haben sie mich gefragt, ob ich bleiben will.
Zach: Ja, Ryan mochten wir so sehr, dass wir ihn behalten wollten. Er war toll. Die anderen auch, aber wir mochten ihn einfach so, also haben wir ihn geklaut.
motor.de: Was hört ihr privat für Musik?
Ryan: Ich höre echt viel. Nicht so viel Altes wie die anderen. Ich mag Radiohead gerne, heute habe ich Grizzly Bear gehört. Und Jeff Buckley. Ansonsten… The Beatles, Pink Floyd. Es wechselt auch oft.
Zach: Ja, das mag ich auch alles sehr. Led Zeppelin ist auch gut. Grade mag ich diesen ganzen alten Funk total. Und was Neueres angeht, höre ich oft The Decemberists und allgemein viele female vocalists. Fever Ray und The Knife sind wunderbar.
motor.de: Irgendwelche All-Time Lieblingslieder?
Zach: Heute ist es wohl „Wish you were here“ von Pink Floyd. Und morgen wieder was ganz anderes [lacht].
Ryan: Bei mir ist es auf jeden Fall „Without You“ von Harry Nilsson.
motor.de: Der Titel eures Albums ist ziemlich dunkel und böse, eure Songs hingegen klingen sehr fröhlich…
Zach: Ja, wir mochten den Kontrast zwischen dem Artwork und der Musik irgendwie sehr. Das Album ist ein farbenfrohes Ding, aber auch sehr fucked up, deshalb wollten wir einen dunkleren Titel. Die Songs handeln großteils von einer Phase in Johns Leben, in der er sehr viel durch Alaska gereist ist und mitten im Nichts gewohnt hat. Er hat sich wie ein totaler Außenseiter gefühlt, weit weg von der Gesellschaft. Und „The Satanic Satanist“ ist so was wie eine Referenz zu diesem Außenseitergefühl.
motor.de: War die Akustikversion „The Majestic Majesty“ von Anfang an geplant?
Ryan: Ja, wir haben das ein paar Tage vorher beschlossen, weil wir einfach genug Zeit hatten und Lust drauf.
Zach: Aber leider können wir das bei den Shows hier nicht spielen. Wir müssen uns hier viel ausleihen, wir haben keine Akustikgitarren oder so dabei. Wenn dann müssen wir ganze Akustikshows spielen, das haben wir zu Hause auch schon gemacht.
motor.de: Ihr habt schon viel in Europa gespielt, mehr als in den USA, was gefällt euch besonders?
Ryan: Ich mag eigentlich Deutschland am liebsten. Wir waren hier schon so oft, dass wir inzwischen schon die Orte und alles wieder erkennen, das ist toll.
Zach: Ich mag Österreich. Und Schweden war toll. Wir haben da nicht gespielt, aber wir waren eine Tag in Stockholm als wir frei hatten.
Ryan: Da gab es nur schwangere Frauen!
Zach: Ja, ich glaube da ist es grade irgendwie in Babys zu haben [lacht].
Ryan: Und neulich waren wir in Stonehenge, das war auch toll. Aber oft haben wir nicht genug Zeit alles anzuschauen, das ist ein bisschen schade.
motor.de: Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Zach: Wir haben das nächste Album schon fertig. Und im Januar gehen wir wieder ins Studio und nehmen noch mehr auf, im nächsten Jahr gibt es also hoffentlich zwei Alben von uns.
motor.de: Ihr seid echt fleißig, wollt ihr nicht auch mal frei haben und einfach mal nichts tun?
Zach: Ja doch, aber es ist ja wichtig immer wieder was Neues zu machen und die Fans bei Laune zu halten. Außerdem ist es einfacher, sich Dinge zu leisten. Wenn wir hier in Europa auf Tour sind, kriegen wir immer so viel umsonst und wenn wir zu Hause sind, denke ich mir: “Ich hätte gerne was zu Essen und ein Bier”, aber ich kann es mir nicht leisten. Also ist es so besser. Und es macht ja auch Spaß. Wir merken zwar oft, dass es sehr anstrengend ist und wir wirklich erschöpft sind, aber im Grunde ist es ja ein toller Job, da kann man sich nicht beschweren.
Interview: Juliane Sondermeyer
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