Zwar lässt sich der Begriff nicht unbedingt formschön ins Deutsche übertragen, aber das stört natürlich in der Filmbranche niemanden: „Fish Out Of Water“! Dieses Prinzip, das einen Filmhelden in eine ihm fremde Umgebung verfrachtet und so für Chaos oder Spannung sorgt, ist jedenfalls eine der Standardrezepturen für Drehbuchschreiber, wie sich in dieser Woche wieder gut beobachten lässt.

House Bunny

Das Paradebeispiel ist auf jeden Fall „House Bunny“, wo es ein Playboy-Bunny direkt aus Hugh Hefners Mansion an die Uni verschlägt. Dort beginnt sie dann zwar keine Juristenkarriere, sondern übernimmt für eine heruntergekommene Studentinnen-Verbindung die Hausmutterschaft. Aber weil sie nebenbei eben auch lernt, dass es im Leben mehr gibt als große Brüste und pinke Klamotten, funktioniert die alberne Komödie nach dem gleichen Muster wie „Natürlich blond“. Und Hauptdarstellerin Ana Faris ist auch fast so gut wie damals Reese Witherspoon.

Eagle Eye

Eine ganze Ecke gefährlicher wird es für Shia LaBeouf, der in „Eagle Eye“ als chronisch blankes, schwarzes Schaf seiner Familie beginnt und am Ende mitten drin steckt in einer großen FBI-Verschwörung. Die größten Gefahren scheinen dabei ausgerechnet von Handys und Überwachungskameras auszugehen, was in technisierten Zeiten wie unseren natürlich ein wenig mühsam ist. Irgendwann aber fliegen dann Kampfjets durch Autobahntunnel als würde es sich hier um einen neuen „Stirb langsam“-Teil handeln – und schon ist es mit der realistischen Aktualität und vor allem der Glaubwürdigkeit dieses Thrillers wieder hinüber.

Krabat

In ungewohnten Gefilden ist in dieser Woche auch der deutsche Film unterwegs. Opulente Fantasy-Spektakel ist man schließlich aus heimischer Produktion nicht gewohnt. Marco Kreuzpaintner ist trotzdem auf den „Harry Potter“-Zug aufgesprungen und hat das populäre Jugendbuch „Krabat“ verfilmt. Das klappt ganz gut, selbst wenn kaum ein Spezialeffekt dem Vergleich mit Hollywood standhalten würde. Man fragt sich nur, welcher Zuschauer diesen Fisch eigentlich angeln soll, denn für Kinder ist das Gezeigte viel zu düster, während pubertierende Jugendliche von heute die Geschichte vielleicht doch etwas harmlos und kindlich finden dürften.

U-900

Die Frage „wer guckt sich das an“ kommt einem auch bei „U-900“ in den Sinn. Mit dieser Komödie verlässt mit Atze Schröder ein anderer Deutscher seine angestammten Gefilde. Da der angeblich lustige Herr mit der Dauerwelle schon im Fernsehen schwer zu ertragen ist, muss man sich vor seinem Leinwandabstecher, in dem ihm dann auch noch ausgerechnet Yvonne Catterfeld zur Seite stehe, beinahe fürchten. Immerhin bleibt uns eine 3D-Version in IMAX-Größe fürs Erste erspart!

Lornas Schweigen

Die einzigen Schuster, die in dieser Woche also bei ihren Leisten bleiben, sind die Gebrüder Dardenne. Auch mit „Le silence de Lorna – Lornas Schweigen“ setzen die belgischen Regisseure ganz auf spröden Realismus. Das ist bemerkenswert, nicht zuletzt weil die Geschichte von Scheinehen, Mafiosi, Schwangerschaften und ermordeten Junkies durchaus das Potential zu einer reißerischen Seifenoper gehabt hätte. Die Dardennes und ihre tollen Schauspieler aber zeigen all diese Tragik lieber schlicht und nüchtern, ganz so wie das wahre Leben.Auf diese Weise gelingt ihnen der sehenswerteste Film dieser Woche, was das „Fish Out Of Water“-Konzept trotzdem nicht grundsätzlich in Frage stellt. Wenn man allerdings schon an die kommende Woche denkt, in der es u.a. Fantasy von Guillermo Del Toro und Romantisches mit Richard Gere gibt, dann ahnt man eben auch, dass manche Filmemacher und –helden einfach keine Lust haben, ihre gemütliche Komfortzone zu verlassen und lieber ganz normal weiter schwimmen.

Text: Patrick Heidmann