James Ford und Jas Shaw sind alte Bekannte. Der wirre Lockenkopf und der dünnlippige Blondschopf samt Brille brachten bereits mit ihrer Indie-Combo Simian zwei respektable Alben heraus. Aber schon damals langweilte sie das normale Band-Ding.
Bereits während ihrer Zeit bei Simian zogen James Ford und Jas Shaw bewaffnet mit einem Plattenkoffer nach den regulären Gigs in die Clubs der jeweiligen Stadt und stellten den Indie-Kids ihr Gemisch aus Beats und Indie vor. The Strokes gab’s nicht. Aus dem einstigen Hobby wird Ernst. Simian gehen getrennte Wege nach ihrem zweiten Album. Jas und James legen weiter gemeinsam auf, fertigen Remixe an und James Ford produziert Alben der Mystery Jets, der Klaxons und jüngst das zweite Arctic Monkeys-Album. Und sind mittlerweile im New-Rave-Genre gefangen.
Nach der Veröffentlichung der Single “Hustler” kommt der Ball ins Rollen. Jas und James wird klar, dass sie ein komplettes Album veröffentlichen wollen. Ein Album, das gespickt ist mit Hochfrequenz-Analog-Synthies, catchy Hooklines und Spielversessenheit. Live vorgestellt haben die zwei ihr Debüt “Attack Decay Sustain Release” unter dem Label Simian Disco Mobile noch nicht. Beim Melt! Festival wird es so weit sein, und bis dahin arbeiten die beiden arbeitswütigen DJs an ihrer eigenen Foreigner-Liveshow.
Fühlt ihr euch noch wie Songwriter? Inwieweit hat sich die Arbeit an eurem Debüt “Attack Decay Sustain Release” zu der Arbeit mit Simian unterschieden?
James: Ich würde uns nicht als Songwriter bezeichnen.
Jas: Selbst bei Simian waren wir keine richtigen Songwriter. Bei Simian ging es darum, die Musik mit verschiedenen Komponenten anzureichern. Schon damals sind wir mit einer gewissen elektronischen Sichtweise an die Songs herangetreten. Es ging uns nie darum, den perfekten Chorus zu schreiben oder da einen besonders tollen Gitarrenpart zu haben. Vielmehr ging es um die Anreicherung der Songs mit vielen verschiedenen Elementen. Bei Simian Mobile Disco entwickeln sich die Tracks über einen langen Zeitraum hinweg. Irgendwann ist der Track dann fertig und wir fügen keine Extra-Beats oder andere Klangelemente mehr hinzu.
Als James vor einem Monat alleine aufgelegt hat, war das DJ-Set viel poppiger. Gemeinsam war das Set am gestrigen Abend relativ hart – nicht nur für Indie-Kids.
James: Ich mag definitiv Pop-Musik und Jas mag Klicks.
Jas: Ich würde es nicht so simplifizieren. Auch James mag das harte Zeug. Wenn wir gemeinsam auflegen, dann heizen wir uns gegenseitig an. Wenn du alleine auflegst, dann denkst du mehr voraus und kannst das Set besser strukturieren. Wenn du mit einem anderen auflegst, dann kannst du dessen Richtung ändern. Es ist nicht so linear. Zudem hast du mehr Zeit, nachzudenken. Während der eine dran ist, kannst du die Leute beobachten und besser feststellen, wie weit du gehen kannst. Beziehungsweise kannst du dir in dieser Zeit überlegen, was du als nächstes ausprobierst. Wenn du alleine bist, dann hast du diese Zeit nicht.
James: Es ist auch gut, dass du uns zweimal in einer kurzen Zeit mit verschiedenen Setsm gesehen hast. Wir versuchen immer, verschiedene Sets zu spielen. Wir wollen auf die Leute reagieren und flexibel bleiben in dem, was wir machen. Wenn du in einer Band bist, dann kannst du nur auf x-Songs zurückgreifen. Als DJ bist du viel flexibler.
Beim Melt!-Festival wollt ihr euer Debüt live vorstellen. Habt ihr euch schon einen Kopf gemacht, wie ihr das anstellen wollt?
Jas: Wir haben sehr viele Spielzeuge. Wir werden viel herumspielen bei unseren Live-Shows. Vielleicht wird es zwischenzeitlich auch schwer erträglich sein.
James: Ich bin sehr froh, dass Simon (Anm. ehemaliger Sänger von Simian) auf unserer Platte ein Lied singt. Am Ende von Simian sind wir irgendwie vom Weg abgekommen. Wir haben uns getrennt, weil wir es nicht mehr genossen haben, Musik zu machen. Nachdem wir uns getrennt und verschiedene Richtungen eingeschlagen hatten, konnten wir auch wieder miteinander reden. Wir verstehen uns wieder besser als zuvor. Wir denken, dass dieses Lied ein sehr starker Track ist und dass er eine Verbindung zu den alten Simian-Sachen herstellt. Wir sind sehr dankbar, dass Simon “I Believe” mit uns aufgenommen hat. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Simon uns bei den Live-Auftritten unterstützen wird. Bei keinem der Gastsänger kann ich mir das vorstellen. Vielleicht werden wir die Vocals während der Live-Shows überblenden. Wie doof ist es dann bitte für den Sänger, ohne wirkliche Aufgabe auf der Bühne zu stehen?!
Was halten ihr generell von dem ganzen Wirbel um das New-Rave-Genre? Und das manche Euch als Propheten dieses Genres abstempeln, nur weil ihr im Schnitt älter seid als die anderen Beteiligten?
James: Niemand mag diese Bezeichnung. Es ist aus einem Witz der Klaxons entstanden. Wenn du sie deren Gigs gehst, dann ist es fantastisch. Die Leute ziehen sich total wild an und benehmen sich wie die letzten Idioten. Das ist toll. Aber es ist verrückt, wie es vermarktet wird als eine bestimmte Szene. Eigentlich geht es bei New-Rave nur darum, wie die Leute sich anziehen. Wie du sehen kannst, sehen wir nicht besonders doll nach New-Rave aus. Wir finden etwas komisch, damit verbunden zu werden. Aber es ist auch gute Promotion für uns. Zudem ist es gut. Eine schöne Vermischung findet derzeit statt. Bands treten mit DJs auf. Alte wie auch junge Leute gehen zu den Events. Und alle drehen durch. Indie-Bands wie die Klaxons und Hot Chip beschäftigen sich mit elektronischer Musik. Elektronische Künstler wie Justice schauen sich Indie-Musik an. Das ist gut. Es ist eine aufregende Zeit, die viel gute Musik hervorbringt. Es ist bloß eine Schande, dass es als New-Rave betitelt wird.
Würdet ihr sagen, dass ihr mit eurer musikalischen Herangehensweise musikalische Grenzen gebrochen habt?
Jas: Ich würde nicht sagen, dass wir Grenzen gebrochen haben. Es liegt einfach in der Luft. Die Leute wurden gradlinig erzogen und sind sonst immer nur in die Indie-Disco gegangen. Jetzt vermischt sich das endlich. Wir vermischen schon seit Jahren verschiedene Stile. Wir sind DJs, die auch mal Rock-Sachen spielen. Wir haben den Wandel aber nicht erzwungen.
Text: Tanja Hellmig
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