Das Leben steckt voller Veränderungen, seien sie nun freiwilliger oder unfreiwilliger Natur. Die New Yorker Freunde von The Bravery wissen um diesen Sachverhalt und eignen sich somit ganz ausgezeichnet als ein Beobachtungsobjekt zum Themenkomplex “das komplizierte zweite Album”.
Vor nicht allzu langer Zeit wurden die Jungs aus dem Big Apple mit ihrem selbstbetitelten Debütwerk bekannt und gleich als einer der neuen glühend heißen Indie-Hypes gefeiert. Doch da man auch auf diesem Sektor nicht ums Teilen drum herum kommt, waren die obligatorischen Bandvergleiche nicht weit – beziehungsweise in Las Vegas zu finden.
The Killers weilten aus musikalischer Sicht fast zur gleichen Zeit mit ähnlich klingenden Synthie-Pop-Variationen und überbetontem Augen-Make-Up am gleichen Ort. Und man hätte tatsächlich meinen können, da habe jemand gnadenlos vom anderen abgekupfert. Doch weil zwei Jahre im schnelllebigen Musikgeschäft ja beinahe schon eine halbe Ewigkeit markieren, dürfte man nun bei der zweiten Album-Veröffentlichung über diese zwieträchtigen Angelegenheiten hinweggekommen sein.
The Bravery – Time Won’t Let Me Go
Die neue Platte sollte jedenfalls komplett anders klingen als ihr Vorgänger, wie Bassist Mike Hindert zu berichten weiß. “Wir wollten auf keinen Fall noch einmal das gleiche Album machen. Wenn du eine Band wirklich gerne magst, dann möchtest du doch nicht, dass sie beim zweiten Streich das selbe Ding eins zu eins wiederholt. Das erste Album war eine reine Tanz-Platte. Sie war das Mädchen, mit dem man ausgeht, um einfach Spaß zu haben. Auf ‘The Sun And The Moon’ geht es jetzt mehr um den Song als den Sound. Sie ist wie die Perle, mit der man sich auch mal über ernstere Themen unterhalten kann.”
Was genau Sänger Sam Endicott auf ‘The Sun And The Moon’ allerdings mit uns besprechen will, weiß er als eigenständiger Songschreiber wohl nur selbst im Detail. Bassgitarren-Abgeordneter Mike vermag lediglich zu berichten, dass der Albumtitel für die Gegensätzlichkeit des Lebens steht. “Manchmal bist du glücklich, manchmal nicht. So ist es einfach, und das drückt auch die Platte in ihrer klanglichen Vielschichtigkeit aus. In der einen Minute willst du ausgelassen umhertanzen, kurze Zeit später bist du dagegen froh, wenn du dich hinter einer melancholischen Ballade verkriechen kannst.”
Bei ihrem Zweitwerk-Ziel des eklatanten Abwechslungsreichtums – den man vielleicht erst nach ein paar aufmerksamen Hördurchgängen richtig zu würdigen versteht – stand ihnen kein Geringerer als Brendan O’Brian hilfsbereit im Tonstudio zur Seite. Er sorgte dafür, dass sich die Burschen ganz lebhaft an so einigen für sie ungewohnten Instrumenten ausprobieren konnten. Doch ob das neue Album an den vorrangig von britischer Begeisterung getragenen Durchschlags-Erfolg des älteren Bruders anzuknüpfen vermag, wird sich zeigen.
Wenn es jedoch für die Hype-verwöhnten Indie-Rocker mal nicht mehr so gut laufen sollte, dann bleibt immer noch die Zweitkarriere – zwar nicht unmittelbar auf den Brettern, die die Welt bedeuten, aber dafür auf solchen, die auch nicht weniger trendgerecht dahergeschwappt kommen, oder Mike? “Ich wäre gerne ein total guter Surfer. Leider bin ich enorm schlecht und Angst vor Haien habe ich zu allem Überfluss auch noch. Aber man ist ja nie zu alt, um sich weiter zu entwickeln.” Recht hat er – go for it!
Text: Christine Stiller
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