The Cinematics über ihr neues Album, Lügengeschichten, Vorliebe für Deutschland, Polarkreis 18 und Ungeheuer Nessie. Vor ihrem Auftritt beim Leipziger Prolog Festival am 27. Juni schütten Gitarrist Larry und Sänger Scott im Interview mit motor.de ihr Herz aus.

motor.de: Eure Single „Love And Terror“ kommt demnächst raus, danach folgt euer zweites Album. Könnt ihr uns Genaueres verraten?

Scott: Unsere Single „Love And Terror“ wird im August veröffentlicht. Weil wir unser Plattelabel gewechselt haben, kommt sie etwas später als geplant. Aber es ist trotzdem großartige Musik und wenn es erscheint, hoffen wir natürlich, dass es sich jeder kauft.
Larry: Unser neues Album heißt auch „Love And Terror“ und kommt Mitte September.
Scott: Und diesmal haben wir keinen Coversong mit drauf. Es war eher ein Unfall, dass „Sunday Sun“ von Beck mit auf unsere letzte Platte “A Strange Education” kam. Wir wollten das gar nicht, wurden aber von unserem damaligen Plattenlabel dazu gedrängt.

motor.de: Ihr habt das letzte Mal mit zwei Hitproduzenten zusammen gearbeitet. Haben die beiden auch eure neues Album produziert?

Scott: Nein – was ist passiert Larry?
Larry: Bei unserem neuen Plattenlabel hatten sie eine Liste mit Produzenten und Studios, die wir in Erwägung ziehen sollten. Ich sagte: ‚Ich habe eine andere Idee, ich könnte das Album selber zu produzieren!’ und sie sagten: ‚Ja ok’.
Scott: (lacht) Ja dafür entschieden wir uns dann. (zu Larry) Du hättest jetzt auch was total Abwegiges erzählen können! Ihr müsst wissen, Larry kann super gut Lügen erzählen und das nutzen wir aus. (Larry schüttelt den Kopf) Ich meine gerade das war keine aber er veralbert die Leute und kann sie damit zur Weißglut bringen. Was war das Letzte was du rumerzählt hast?
Larry: Ich glaube das war ein Zeichen, ich hab erzählt, wir supporten Michael Jackson.
Scott: Ja stimmt, ohhh neeeiiin (lacht lautstark). Da haben wir etwas für eine Radiostation in Schottland gemacht und sie haben gefragt was wir als nächstes tun und Larry sagte: ‚Wir supporten Michael Jackson und sie so: ‚Wirklich?’. Aber zurück zur Frage. Im Grunde genommen war es so, dass wir beim letzten Album die Erfahrung gemacht haben, dass wir nichts selber entscheiden konnten. Deswegen haben wir diesmal bewusst alles selber gemacht, alle Aufnahmen, alle Artworks, alle Songs. Larry hat es aufgenommen und produziert. Wirklich alles rund um das Album sind die Cinematics. Wir wurden von niemandem beeinflusst, es ist allein das, was wir wollten und wie wir es tun wollten. Wir sind höchst zufrieden, wie das bei uns gelaufen ist, und es ist dadurch eine sehr ehrliche Platte.
Larry: Ich denke unser erstes Album war sehr gut produziert, aber es war zu clean und perfekt. Es liegt heutzutage auch im Trend, dass Bands in sehr teuere Studios gehen, um all die Tricks und Geräte zu nutzen um einen perfekten Sound zu kreieren. Man kann da ja so viele Dinge tun. Wenn der Schlagzeuger nicht im Rhythmus ist, nimmst du einfach einen vorgefertigten Drumbeat. Und wenn der Sänger den Ton nicht trifft, kannst du das auch in Ordnung bringen. Zum Beispiel bei dem neuen Song von Green Day, da sind ganz hohe Noten im Refrain und man kann wirklich hören, dass diese nachgebessert wurden. Der Sänger sang einfach irgendeinen Ton und der Produzent hat diesen auf die richtige Tonhöhe gebracht. Dadurch klingt es so, als hätte er eine riesige Stimmbreite, hat er aber gar nicht.
Scott: Jetzt wird es aber ganz schön persönlich
Larry: Das ist ja nichts gegen die Band, jede Band tut das mittlerweile. Aber wir wollten dem entgegenwirken.
Scott: Dadurch ist es eine viel bessere Repräsentation von dem, was wir tun. Die Leute kamen oft zu uns und meinten wir klingen live so toll, aber das Album klingt anders. So konnten wir viel besser festhalten, was wir wirklich können. Deshalb bin ich sehr gespannt.

motor.de: Gibt es Bands mit denen ihr gern zusammenspielen würdet?

Larry: Bob Dylan und Bob Marley und Jimi Hendrix.
Scott: Gibt es auch moderne Künstler?
Larry: Radiohead.
Scott: Ich würde mit vielen Bands gern zusammen spielen, wenn es uns möglich wäre, die Bands zurückzuholen, dann wären das Nirvana, The Clash… Ich meine mit ihnen zu spielen bedeutet auch, sie zu treffen. (zu Larry) Bob Dylan ist dein Lieblingskünstler?!
Larry: Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn treffen möchte. Ich hab gehört, er sei schrecklich und gemein.

motor.de:
Nach der Albumveröffentlichung im Herbst, wollt ihr wieder auf Tour kommen. Wo genau geht es denn hin?

Scott: Überall. In Deutschland werden wir im September und November spielen.
Larry: Und dann wahrscheinlich nochmal im Februar, wir könnten eigentlich hier her ziehen.
Scott: Stimmt, das sollten wir tun. Das ist kein Witz. Wir haben eh keine Lust mehr auf Schottland, also ziehen wir im Januar wahrscheinlich nach Deutschland. Das ist der beste Ort, wo man hinziehen kann. Aber egal, wenn ihr uns live sehen wollt: September, November und Februar. Und wir werden wirklich überall spielen, so dass niemand weit fahren muss um die Cinematics zu sehen. Und selbst wenn, sollten sie das tun.

motor.de: Was mögt ihre denn so an Deutschland?

Scott: Die Leute sind sehr nett und alles ist irgendwie, ich weiß nicht, es läuft einfach besser. Die Menschen sind so ehrlich und direkt.
Larry: Ja viele Leute kommen nach unserem Auftritt und sagen ‚euer Gig war wirklich toll, aber meine Freunde fanden ihn scheiße’.
Scott: (lacht) Ich finde jeder sollte so direkt sein.
Larry: Es ist auch viel professioneller und das Wetter ist besser.
Scott: Ja und die Straßen sind besser, die Leute können besser Auto fahren, alles sieht sauberer aus. Wir mögen es einfach.
Larry: Und es ist sehr umweltfreundlich
Scott: Ja, alles wird recycelt. Ich habe nie jemanden in Großbritannien gesehen, der so was tut.
Larry: Wir sollten einen Song darüber schreiben, wie Scheiße Glasgow ist. Ich meine selbst das Catering. Wenn wir in Deutschland spielen, bekommen wir massenweise Bier und sie kaufen uns großartiges Essen. Aber in Großbritannien bekommen wir zwei Flaschen Bier, einen Tropfen Vodka und eine Packung angeschimmeltes Brot

motor.de: Viele Bands lieben ja das deutsche Bier…

Larry: Oh ja, davon hat man am nächsten Morgen keinen Kater. Wenn du in Großbritannien Bier trinkst, denkst du am nächsten Tag, du hättest Bleichmittel getrunken. (Scott lacht)
Scott: Ja genau deshalb wollen wir nach Deutschland ziehen, wir haben auch einen Song mit dem Titel ‘Moving To Berlin’.
Larry: Den sollten wir heute hier spielen!
Scott: Ja klar, warum nicht. Wir haben über die Setlist noch nicht entschieden, wir sind sehr impulsiv, was Dinge angeht, die wir tun müssen.

The Cinematics auf motor.de

motor.de: Kennt ihr deutsche Bands?

Scott: Beat Beat Beat, die mögen wir sehr. Ich habe viele Leute über Bonaparte reden hören, die sind doch deutsch? Aber ich glaube nur deshalb, weil sie nackt auftreten, stimmt das? Ansonsten kennen wir…. Hmmm…. Rammstein.
Larry: The Scorpions, Kraftwerk und … die haben alle so komische Namen, alle modernen deutschen Bands haben wirklich merkwürdige Namen!
Scott: Stimmt (schnippt mit dem Finger) Tokio Hotel (beide lachen herzlich).
Larry: Und was ist mit Polarkreis 18. Niemand in Großbritannien kennt diesen Allein Allein-Song. Aber unser Tourmanager, der in Berlin wohnt, hat mir eine Kopie geschickt. Als wir dann nach Deutschland kamen, waren wir bei MTV und sie fragten nach meinem Lieblingslied und ich sagte: ‚Allein Allein’ und sie waren total überrascht.
Scott: So nach dem Motto: ‚Woher kennst du überhaupt den Song?’.

motor.de: Der Song läuft mittlerweile auch auf britischen Sendern und ihr Album wurde letztens zur Record Of The Week auf Radio 2 (BBC) gewählt!

Larry: Wirklich? In Großbritannien?
Scott: Könnte doch sein, es sind wirklich gute Pop-Songs.

motor.de:
Es ist so – und ‘Allein Allein’ ist der einzige Song von ihnen, der deutschen Text beinhaltet, alle anderen Lieder sind auf Englisch.

Scott: Es ist eine Schande, dass deutsche Bands nicht auf Deutsch singen. Ich meine Großbritannien hat eine sehr geschlossene Musikkultur, es gibt extrem viele, vor allem sehr verschiedene Bands und Musiker. Dadurch ist es schwer für Bands aus anderen Ländern, in Großbritannien Erfolg zu haben. Ich finde es wirklich schade, wenn Musiker nicht in ihrer Landessprache singen. Deutsche Bands sollten mehr für ihre Rechte kämpfen, um in ihrer eigenen Sprache singen zu können.
Larry: Als wir neulich in Berlin waren, hab ich mich mit einem Mädchen unterhalten. Sie meinte die englische Sprache ist sehr schön und ausdrucksstark. Sie sagte zu mir: ‚Wenn einer zu mir – I love you – sagt, dann schmilzt mein Herz. Aber wenn ein Deutscher zum mir – Ich liebe dich – sagt, finde ich das abscheulich’.
Scott: Eines Tages wird sei einen englischen Freund haben.

The Cinematics – Break

motor.de: Was für Musik hört ihr persönlich gern?

Scott: Ich mag Radiohead, The Cure, The Smiths, David Bowie. Und dann noch Musik aus den 60ern. Da waren so die ersten Platten, die ich gehört habe von meinem Vater, er war in einer Rocker-Biker-Gang und da hörten sie halt Led Zeppelin, The Rolling Stones und so was.
Larry: Ich mag Bob Dylan wirklich sehr und dann die, die Scott schon genannt hat. Und My Bloody Valentine und The Clash. Und ein paar Sachen von dem alten Motown-Zeug, die funkigen Sachen.
Scott: Ja unser Schlagzeuger und unser Bassist lieben die Motown-Musik.
Larry: Sie können die Sachen, die wir mögen, überhaupt nicht leiden.
Scott: Wenn wir so was hören, sagen sie immer: ‚Das ist nur Krach’ und ‚Macht das aus!’. Sie lieben Michael Jackson. Also im Grunde genommen machen die beiden den funkigen Beat und wir spielen Krach drüber.

motor.de: Spielt es eine Rolle, dass ihr aus den Highlands Schottlands kommt?

Scott: Er (zeigt auf Larry) kommt ja nicht daher, er kommt aus Glasgow. Aber der Rest der Band kommt aus einem kleinen Ort in Schottlands Highlands. Wenn es uns irgendwie beeinflusst hat, dann deswegen, weil es dort keine richtige Musikszene gibt. Wir waren immer Außenseiter, weil wir Musik gemacht haben und kamen erst in Glasgow in Kontakt mit anderen Bands.
Larry: Ich glaube schon, dass es die Drei sehr beeinflusst hat. Sie beherrschen ihre Instrumente sehr gut…
Scott: Es gab halt nur drei Sachen, die man dort, wo wir herkommen machen konnte. Und zwar sich total betrinken und nichts tun, Fußball spielen oder Musik machen. Und wir entschieden uns für Musik. Ich glaube in Deutschland gibt es das auch Millionen mal.
Larry: Ich komme ja aus der total coolen Musik-Stadt Glasgow und da liegt es im Trend, ein Instrument zu spielen.. Wenn man in einen Club oder in eine Musikbar geht, sitzt da jemand mit einer Gitarre und weiß noch nicht einmal wie man sie hält, aber klimpert darauf rum, und es klingt grauenhaft. Sie denken alle sie können spielen, aber es ist nicht so.

motor.de: Zum Abschluss noch eine Frage an euch als Schotten: Glaubt ihr an Nessie?

Scott: Auf jeden Fall! Nessie existiert, kommt alle und versucht sie zu finden! Ich habe sie schon gesehen. Nur ganz flüchtig, für eine Sekunde. Aber ich weiß dass ich sie gesehen habe, sie ist da!
Larry: Damit sie mit eurem Besuch Millionen verdienen können.
Scott: Neeiin, das hat gar nichts mit Geld zu tun (lacht). Nein, ich weiß nicht, ob sie existiert oder nicht, aber ich mag das Geheimnis darum. Es ist auf jeden Fall ein sehr cooler Ort. Wenn du dahin kommst, ist es immer sehr unheimlich. Und es gibt dieses großartige Festival dort, es heißt Rockness – eines der schönsten Festivals auf der Welt, weil du Loch Ness in der Mitte hast und die Sonne funkelt im Wasser… das ist so schön, wirklich. Und ja, Nessie existiert, mindestens in unseren Herzen (hält sich die Hände ans Herz).

Interview: Katrin Bähnisch