Laut William Butler Yeats sind Liebe und Tod zwei Quellen desselben Flusses. Diese Band aus Berlin scheint das ganz ähnlich zu sehen und besingt die wollüstige Selbstaufgabe im Stile wärmegedämmter Edelgrunge-Ästhetik. Und zwar zum Verlieben schön.

Bei den meisten Newcomern hat man die unmittelbaren Einflüsse nach schätzungsweise zehn Sekunden herausgehört und damit auch gleich einen ungefähren Überblick über die bandeigene Plattensammlung gewonnen. Beziehungsweise über den gemeinsam gehorteten mp3-Schatz und die anvisierte musikalische Marschrichtung. Innovation ist dabei sicherlich kein Muss, aber nur die Fixierung auf die allergängigsten Trends und ihre möglichst unaufdringliche Nachahmung hinterlässt selten bleibenden Eindruck. This Love Is Deadly andererseits klingen genau so, als hätten sie sich ihr Publikum noch jedes Mal aussuchen können und würden genau das auch diebisch genießen. Ganze vier Songs hat das gemischte Trio bisher in Umlauf gebracht, doch die stilistische Bandbreite und die musikalische Finesse lassen bereits jetzt auf Überzeugungstäter mit ganz großer Palette schließen.

This Love Is Deadly – “Misery To You”

Lisa, Louis und H.D. teilen sich eigentlich nur das klassische Instrumentarium aus Gitarre, Schlagzeug und Bass, klingen dabei allerdings, als ob sie nebenbei noch über eine kleine Armada ergebener Feengestalten gebieten würden. Zusammen mit denen haben sie sich einen Sound ausgedacht, der eine seit den Neunziger Jahren klaffende Lücke schließt, und der Borderline-Romantiker verschiedener Fraktionen jetzt in hingebungsvolle Begeisterung versetzen könnte. Wer vor dem Zubettgehen statt zur Zahnbürste lieber noch einmal zur Schokolade greift und an seinem Leben vor allem die halbwachen Momente genießt, wird sich der Anziehungskraft dieser Band nämlich nicht entziehen können. Als Grundlage ihres realitätsentrückten Rauschrocks dienen wahrscheinlich jene wallenden My Bloody-Valentine-Momente, aus denen schon die Smashing Pumpkins ihre frühe Inspiration zogen. Bei This Love Is Deadly kommt allerdings noch eine zwingende Pop-Dynamik hinzu, wie sie seit längerem von Indie-Bands à la Superchunk kultiviert wird, sowie ein traumwandlerisches Element, für das man die Vergleiche wohl noch suchen muss.

Sowohl Lisa als auch Louis verfügen nämlich über die Art Stimmen, mit denen sich Geheimnisse flüstern und Geständnisse entlocken lassen. Brüllen kann man damit nicht besonders gut, aber This Love Is Deadly wissen, dass man mit Brüllen eh niemanden verführen kann. Und deswegen geistert “Midiverb” auch lieber durch die Spinnweben eines düsteren Märchens, deswegen begeistert sich “Everything Is Nothing” für die Untiefen überschwänglicher Emotionen. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt finden auch bei “Wasting Time” und “Misery To You” immer wieder einen gemeinsamen Nenner namens Schönheit und schmusen sich ans Ohr wie Schmetterlinge auf der Wiese des Sanatoriums. In musikalischer Hinsicht dominiert dabei trotz gehobenen Tempos eine luxuriöse Samtigkeit, mit der man vortrefflich Gruftimädchen ködern könnte oder anderer Leute Tagebücher lesen. Das gehört sich vielleicht nicht unbedingt, aber bei This Love Is Deadly hat das Verbotene eben einen besonderen Reiz.

Michael Haacken