Thursday waren schon immer der ungewöhnlichste Vertreter ihres Genres, nicht nur Geoff Ricklys markant hohe Stimme oder die unkonventionellen Strukturen ihrer Songs, insbesondere das konsequente Suchen nach Möglichkeiten, ihr Spektrum zu erweitern, ließen sie der Screamo-Konkurrenz stets mehrere Schritte voraus erscheinen. Stillstand gilt als Super-Gau.

Das neue Album der Fünf aus New Jersey, ‘A City By The Light Divided’, bestätigt diese These mehr denn je. Auch wenn man hätte gewarnt sein können, dass sie die Neuerungen des Vorgängers ‘War All The Time’ ausbauen würden, überrascht doch die Konsequenz, mit der sie dieses Vorhaben umsetzten. So legen sie uns nun elf Songs vor, die düsterer und ruhiger sind als alles, was sie vorher gemacht haben; Songs, die von der Großstadt-Isolation und dem Versuch handeln, trotzdem zu lieben. Die verzweifelte Wut des Referenz-Werkes ‘Full Collapse’ scheint endgültig einer melancholischen Grundstimmung gewichen zu sein, während das Keyboard mehr ins Zentrum des Geschehens rückt und einer betörenden Achtziger-Romantik huldigt. Auch der um einige Facetten erweiterte Gesang Ricklys bekommt so mehr Raum zur Entfaltung. Ein Brocken von Album, das erarbeitet werden will, um den Hörer anschließend schrittweise in das Geheimnis seiner Schönheit einzuweihen. Ganz unbeabsichtigt scheint dieses Prinzip von Herausforderung und Belohnung nicht zu sein, wie Andrew Everding, seit drei Jahren Keyboarder der Band, der sich bei dieser Platte erstmals aktiv in den Songwriting-Prozess eingebracht hat, erklärt: “Ja, das war definitiv unser Ziel. Wir wollten eine Platte machen, mit der sich der Hörer eine Weile auseinandersetzen muss. Eigentlich alle unsere Lieblingsplatten sind Alben, die man beim ersten Hören eher schwierig findet, aber erst mit eingehender Beschäftigung anfängt zu verstehen und die dann süchtig machen. So was wollten wir auch.” Und das ist beeindruckend gelungen.

Beeindruckend auch deswegen, weil ja zeitweise unsicher war, ob die Band überhaupt noch mal ein Album macht – Auflösungsgerüchte machten die Runde und von Unzufriedenheit mit den Verkaufszahlen war die Rede. Neid auf erfolgreichere Nachahmer-Bands, kann das wirklich sein? Andrew klärt auf: “Nein, es ist definitiv nicht so, dass wir neidisch wären auf Bands, die versuchen, so zu klingen wie wir, und dabei mehr Geld verdienen. Wir sind eigentlich schon dankbar dafür, dass wir überhaupt so lange dabei sind, denn wenn man schnell erfolgreich wird, ist man oft auch schnell wieder weg vom Fenster – das werden einige dieser Bands auch noch erfahren.” Vielmehr handelte es sich bei den Schwierigkeiten um Probleme kreativer Natur. “Nach der letzten Platte waren wir in einem ziemlichen Loch, wir wussten nicht genau, wo wir hinwollten, deswegen haben wir uns auch so lange Zeit gelassen, wir wollten nicht noch mal so einen Schnellschuss wie ‘War All The Time’ hinlegen, auch wenn wir rückblickend eigentlich nicht wirklich unzufrieden damit waren. Wir wollten einfach mehr Zeit zum Ausprobieren.” Das und eine gemeinsame Tour mit ihren alten Helden von The Cure brachte Selbstvertrauen und Inspiration schließlich zurück, und resultiert im nun vorliegenden vierten Album, das man ohne zweifelsohne als ihr reifstes, vielleicht sogar bestes Werk bezeichnen kann. Wer weiß, wohin es die Band in der Zukunft noch musikalisch verschlägt. Thursday als die neuen U2 oder gar die Erben ihrer großen Idole um Robert Smith? Unmöglich ist jetzt jedenfalls nichts mehr.