Luke Jenner runzelt die Stirn. Nein, daran habe er schon länger nicht mehr denken müssen, gesteht er. Die Kuhglocke ist weg! Ich will wissen, wer sie hat, schließlich ist diese Kuhglocke für mich ein Synonym für The Rapture. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass sich jene Kuhglocken aus dem The Rapture’schen Über-Hit ‘House Of Jealous Lovers’ von der Über-Platte ‘Echoes’ tief in mein Gedächtnis bohrten.
Auf The Raptures neuestem Werk ‘Pieces Of The People We Love’ findet sich die Kuhglocke jedoch nicht mehr – da ist ein bisschen Wundern ja nur menschlich. Die meisten Songs sind zwar weitaus basslastiger, doch natürlich schlagen sie auch in dieselbe Kerbe wie das 2003er Debüt ‘Echoes’. Das hatte es damals, nicht nur wegen der Kuhglocken, sondern per se in sich und rangierte in unzähligen Jahresendabrechnungen weit oben. Denn The Rapture kündigten auf ihrem Debütalbum das Rock-Abo des Indie-Verständnisses auf: Indie-Rock-Attitüde traf auf Elektro-Punchline und dabei heraus kam vielleicht das gewagteste Statement zum Indie-Einheitsbrei vergangener Tage.
The Rapture waren so gesehen vielleicht die Antithese zu The Strokes. Ein musikalisches Gegenprodukt, das sich zwar auf denselben Stadtkontext bezog – New York -, in seiner Wucht aber eine ganz andere Konsequenz lieferte. Wo auf der einen Seite die Schönheit des boutiquen Vintage-Indies von einigen lederbejackten Jungs aus gutem New Yorker Hause in die zweite Runde gebracht wurde (‘Room On Fire’), leiteten The Rapture und ihr ehemaliges Heimatlabel ‘DFA Records’ gleich einen neuen Kampf ein, Luke Jenner wettert kurz aber charmant: “Indie-Rock war so irre festgefahren, so unglaublich konservativ. Alle Bands machten denselben Retro-Kram. Und wir machten ja schon die ganze Zeit, na ja, auch diesen…’Retro-Kram’, aber zu unserem ‘Retro-Kram’ konnte man eben auch noch den ganzen Körper schütteln!”
Improvisation und Freundschaft war – pardon! – ist alles. Denn mit ihren ehemaligen Chefs von ‘DFA Records’ sind The Rapture immer noch befreundet, auch wenn das neue Album von DJ Danger Mouse – die eine Hälfte von Gnarls Barkley – betreut wurde. “Die Labelbetreiber Tim Goldsworthy und James Murphy, aber auch die Bands, die bei ‘DFA Records’ unter Vertrag sind, sind uns natürlich musikalisch immer noch nah und vom künstlerischen her vertraut. Wir sind eng befreundet, genauso wie mit den Jungs vom deutschen Gomma-Label. Die Szene ist klein, da kennt man sich schnell, remixt sich gegenseitig als eine Art Freundschaftsdienst.” Und um auf meine Frage vom Anfang noch einmal zurückzukommen, schiebt Luke Jenner direkt noch hinterher: “Und bevor du fragst, nein, die Kuhglocke haben die auch auf keinen Fall mitgehen lassen!”
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