Einigermaßen unbemerkt wuchs über die vergangenen vier Jahre eine kleine “Supergroup” heran: Battles aus New York City.
In deren Reihen tummeln sich mit John Stanier ein Ex-Helmet-Drummer, in Person von Tyondai Braxton ein Experimentalmusiker mit Jazzgeneaogie, dank Ian Williams ein Ex-Gitarrist der großen Don Caballero und obendrein noch ein Dave mit dem schönen Nachnamen Konopka (desangesichts nicht verschwiegen werden soll, dass auch Dave einst bei einer anderen Band tätig war. Die hießen Lynx). Nach einigen EPs auf kleinen Labels setzten diese Battles dieser Tage zum großen Sprung an, indem sie mit ihrem Debütlongplayer “Mirrored” einen crazy Brummkreisel-in-Musik vor dem Herrn bis zum Anschlag aufziehen und durchdrehen lassen.
Zwar gibt ihre musikalische Selbstbeschreibung (“beep, boop, boop, crash, beep, loop, fwount, bang, beep, boop, loop, sing, sing, beep, boop, thanks you’ve been a wonderful audience”) durchaus schon einen schielenden Einblick in das Schaffen der vier, aber soviel Zeit muss sein: Hier ein paar Fragen an den hünenhaften John und den lachenden Ty:
In Anbetracht von Coverartwork, Videodrehort und Albumtitel liegt die Vermutung nahe, dass Spiegel eine gewisse Faszination auf euch ausüben…
Tyondai Braxton: Ja, die ganze “Kampagne” zu dieser Platte ist um Spiegel – und insbesondere den “Spiegelwürfel”, den wir für das Video und das Coverfoto konstruiert haben – herum aufgebaut. Ich denke, das ist eine gute visuelle Repräsentation unserer Musik. Die basiert ja unter der Oberfläche sehr auf Loops und der Idee der Wiederholung, und so gibt es auch ein sichtbares Gegenstück dazu, was wirklich cool ist.
Du hast gerade die Loops und repetitiven Elemente erwähnt – wie entsteht denn, ganz naiv gefragt, ein Battles-Song? Jammt ihr ganz klassisch, oder sitzt ihr zusammen um ein Reißbrett herum und konstruiert, oder schickt gar Soundfiles hin und her?
TB: Ehrlich gesagt, tun wir eine ganze Menge verschiedener Dinge. Aber, ja: Normalerweise… nein, das stimmt nicht ganz. Also: In manchen Fällen bringt jemand eine Idee ein, meistens ein wie auch immer geartetes Loop, das als Fundament für einen Song dient. Dann improvisieren wir um dieses Loop herum, bis wir etwas finden, das uns gefällt, was wir dann festhalten. Dann wiederum läuft es manchmal ganz klassisch über Demos, die einzelne Mitglieder von ihren Songideen machen und dann den anderen präsentieren. Wir haben übrigens auch riesige Tafeln im Proberaum, auf denen wir jeden einzelnen blöden Songpart mit einem eigenen Namen festhalten – wir versuchen einfach, es für uns interessant zu halten, und auf neue Art und Weise heranzugehen.
Ist das auch ein Grund dafür, dass das Album um einiges verspielter klingt als die vorhergehenden EPs?
TB: Absolut! Um eine lange Geschichte abzukürzen: Die EPs stellen Experimente dar, zeigen uns auf der Suche nach unserer Stimme, unserem Sound. Das Album wiederum zeigt uns dabei, wie wir mit diesem gefundenen Sound unseren Spaß haben! Wir haben ihn etabliert und können jetzt damit herumspielen, ihn ein wenig verzerren und verändern. Wir fügen Vocals hinzu, halten es so für uns interessant – zerstören im Grunde das wieder, was wir aufgebaut haben und benutzen es auf diese Weise für unsere Zwecke. Falls das, was ich gerade gesagt habe, irgendeinen Sinn ergibt…
Apropos: Sinn – Ty, du bist verantwortlich für den “Gesang”, die Vocals auf dem Album, oder? Die Texte sind nicht wirklich leicht zu verstehen…
TB: Ja. Es ist ehrlich gesagt auch völlig egal, worum es in den Texten geht – es kommt auf den Vibe an, den sie vermitteln! Ich setze meine Stimme wie ein Instrument ein, und bei uns sind alle Instrumente gleichberechtigt. Das ist schwierig, denn üblicherweise liegt auf dem Gesang das Hauptaugenmerk. Für uns war die Herausforderung also, ihn hier mehr der Musik unterzuordnen und dadurch eine gewisse Neutralität zu erzeugen.
Wirst du live singen oder wirst du Loops und Samples verwenden?
TB: Oh, ich werde singen! (lacht)
John, im Internet kursiert die Behauptung, du hättest bevor du zu Battles gestoßen bist, als professioneller HipHop-DJ gearbeitet?
John Stanier: What? Das stand bei Wikipedia, oder? Das Problem damit ist, dass da jeder reinschreiben kann, was er will… Aber: Nein! Es stimmt, ich war zwei Jahre lang DJ… hmm, also technisch gesehen stimmt es wohl doch. Aber das hat nichts mit Battles zu tun.
Was aber doch mit Battles zu tun zu haben scheint, oder zumindest gerne, schnell und oft mit euch in Verbindung gebracht wird, ist die Genre-Bezeichnung “Math Rock”. So auch bei Wikipedia… Schmeckt euch das?
JS: Ich persönlich hasse diesen Begriff.
TB: Jeder will eine Art Label finden… Wenn man merkwürdige Takte und Songstrukturen verwendet – dann ist man automatisch “Math Rock”. Es geht doch nur darum, alles leichter verdaulich zu machen. Verwenden wir merkwürdige Takt und Songstrukturen in unserer Musik? Ja, aber das ist hoffentlich nur ein Bruchteil dessen, was wir mit unserer Musik schaffen. Wenn es den Leuten aber hilft, nachts besser zu schlafen, weil sie uns sicher unter “Math Rock” verstaut haben – dann ist das auch cool mit mir… (lacht)
Text/ Interview: Torsten Hempelt
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