Der Name ist Programm. Seichter Pop-Rock trifft auf viel Pathos und macht The Darkness oder den Scissor Sisters in Sachen Übertriebenheit starke Konkurrenz. Die Welle von soften Rock-Songs mit Gefühl ist spätestens seit James Blunt wieder voll im Rollen und schlägt in diesem Sommer abermals an der deutschen Küste auf.
Die Geschichte ist schön. Am College haben sie sich kennen gelernt. In London. Das Quintett um Dan Gillespie Sells (Sänger) und Richard Jones (Bassist) tingelt einige Jahre durch die Clubs und die Schweizer Alpen, bis die erste Single ‘Sewn’ endlich das Tageslicht erblickt. Geschmackvoll gekleidet sitzt Dan Gillespie im dazugehörigen Video in einem opulenten Ledersessel und reiht inflationär etliche NaNaNaNas aneinander und katapultiert sich damit in die Top Ten der englischen Charts. Gut gemacht.
Doch die erste Single ‘Sewn’ ist nur eine Facette der Band. The Feeling aus London/Sussex kommen daher wie Achtzigerjahre-Softrocker und mischen all das zusammen, was nicht Niet- und Nagelfest ist. Supertramp sei genannt. Oder auch ELO. Spricht man The Feeling darauf an, dann berufen sie sich gerne auf all diese Bands. Denn peinlich ist dem Quintett scheinbar nichts. Mitunter bewegen sich einige Lieder auf ihrem Erstling ‘Twelve Stops And Home’ hart an der Schmerzensgrenze. Cheesy sei das Schlagwort, das The Feeling auch selbst gerne in den Mund nehmen: “Man sollte keine Angst vor cheesy Einlagen haben. Lass dich drauf ein”, sagt Beau und Sänger Dan Gillespie dazu.
Prägend war nach eigenen Angaben die Zeit in den Schweizer Alpen als Coverband. Um etwas Geld in die Haushaltskasse zu bekommen, war die Band sich nicht zu schade, auch ungewöhnliche Angebote anzunehmen. Während die Beatles in Hamburg jede Nacht ihr Können zum Besten gaben, spielten The Feeling eine Saison in den Schweizer Alpen Coverversionen von den Rolling Stones oder auch A-ha für betrunkene Snowboarder: “Wenn man sich die Bands aus den Sechzigern und Siebzigern anschaut, dann wird einem auffallen, dass fast alle als Cover- oder Backingband angefangen haben”, weiß Bassist Richard Jones zu berichten. “Früher ist man nicht über Nacht berühmt geworden. Die Leute mussten lernen, wie man live spielt. Die Beatles haben als Coverband angefangen. Led Zeppelin oder Jimi Hendrix waren Sessionmusiker. Früher ist man den traditionellen Weg gegangen. Da gab es nicht so viele Eintagsfliegen wie heutzutage, die das Ganze nicht von der Pieke gelernt haben.”
Dies wird nun belohnt. Ihre erste Single ‘Sewn’ kann man mittlerweile in diversen Karaokebars singen und das englische Gegenstück zu unseren ‘Bravo Hits’ hat die Single nun auch in ihrer Serie verewigt. Die Freude ist groß bei Dan und Richard: “Im letzten Jahr war die Musik in England sehr hart. Wenn nicht auch zynisch. Und etwas kalt und metallisch zugleich. Die Leute scheinen nun für warme und sehr hübsche Pop-Musik wieder bereit zu sein. Musik, die dir ein gutes Gefühl gibt.”
So wie Queen. Das scheinen die heimlichen Helden der Jungs zu sein. Die Posen sitzen jedenfalls abends gut auf der Bühne, die Übertriebenheit wirkt ansteckend und der Enthusiasmus wirkt echt: “Am Ende des Tages wollen die Leute einen guten Song hören. Und dann gibt es auch keine Unterschiede mehr zwischen Bob Marley und Abba. All diese Künstler haben tolle Musik geschrieben. Und darum geht es doch im Endeffekt.”
Text: Tanja Hellmig
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