„Jetzt stehst Du an der Wand. Wie lang hab ich Dich gekannt. Doch das ist alles nichts mehr wert. / Zähl von 10 bis 1 zurück und hör zu, wie mein Abzug klickt. Ich weiß, wer heut Nacht zur Hölle fährt!“ ‘Neun Leben’, Celina

Solch eine von Rachegedanken motivierte Aussage ist man vielleicht von Gangstarappern gewöhnt, bestenfalls noch von Rockröhren. Aber Celina Bostic ist keines von beidem. Weder malt sie ihre Wände schwarz, noch wohnt sie im Ghetto – und doch schlummert in dem Mädchen aus Berlin-Charlottenburg genug Wut, Verzweiflung und Hass, um damit jeden beliebigen Bezirk von Berlin mit Energie zu versorgen.

Geboren wurde sie am 7. November 1979 als Tochter einer deutschen Ergotherapeutin und eines afroamerikanischen Vaters, der als Jazzbassist häufig auf Tour ist. Die fehlende Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft führt dazu, dass sich Celina mit drei Jahren schon unausstehlich hässlich findet und mit fünf Jahren schwört, nie Musikerin zu werden und so wie ihr Vater ständig unterwegs zu sein.

In ihrer Jugend will sie immer genau das Gegenteil von dem sein, was sie gerade ist! So ist sie in ständiger Bewegung und auf der Flucht vor sich selbst, während ihr soziales Umfeld andauernd wechselt. Sie verleugnet ihre Herkunft und ihre Eltern, verdrängt ihre Musikalität und ihr Talent. All diese Wut behält sie aber immer für sich!

Selbst als sie ab 1999 ihr Gesangstalent in bares Geld umwandelt und mit namenhaften Musikern wie Max Herre, Farin Urlaub und Udo Lindenberg auf Tour geht, ist sie immer noch damit beschäftigt, es allen außer sich selbst recht zu machen. Daran ändert sich auch nichts, als sie 2004 mit ihrer eigenen Band Sedoussa ein Album bei „Four Music” veröffentlicht. Dort versteckt sie ihre Unzufriedenheit mit sich und der Welt hinter vielen musikalischen Kompromissen.

Besser wird es erst, als sie 2004 eine Therapie beginnt und fast zeitgleich den Produzenten Ilan kennen lernt (Bushido, Bass Sultan Hengzt), der mit seinen düsteren Beats genau das auszudrücken vermag, was sie fühlt. Nachdem sie außerdem den Songschreiber Steve van Velvet (Falco, Joachim Witt, Yvonne Catterfeld) ins Boot holt, kann sie sich ihren inneren dunklen Gefühlen stellen und ihnen endlich eine Stimme geben.

„Treibsand“ beschreibt zum Beispiel das Gefühl, die Hoffnung verloren zu haben. „Könnten diese Wände sprechen“ zeigt, wie mangelndes Selbstbewusstsein zu der fast schon paranoiden Vorstellung führt, betrogen zu werden. Zu oft hat sie es einfach erlebt, dass ihr Vertrauen missbraucht wurde. Bei „Neun Leben“ dagegen lässt Celina die ganze Wut über eine enttäuschte Freundschaft heraus.

Ihren Gefühlen endlich Luft zu machen, half ihr auch dabei, ihr Selbstbewusstsein wiederzuerlangen. Diesen Neuanfang beschreibt unter anderem „Eine Welt ohne Dich” – in der ihr eine ungewisse Zukunft lebenswerter erscheint, als eine unglückliche Beziehung.

Die Tatsache, endlich ausdrücken zu können, was sie fühlt, führte zu einer wahren Wiedergeburt von Celina Bostic. Einer Frau, die weiß, was ihre Stärken sind, die ihre Wut und Trauer nicht mehr in sich hinein frisst, sondern in die Welt hinausschreit. Eine Frau, die endlich den Mut gefunden hat, zu sich selbst zu stehen. Nun kann sie den Menschen, die ihr nichts Gutes wollen, auch mal sagen: „Ich muss euch nicht gefallen, ich muss mir gefallen!“ Denn sie ist gut, so wie sie ist – faszinierend und gefährlich wie ein Skorpion, härter aber auch ehrlicher, stimmgewaltig, aber nicht abgehoben. Eine Diva ohne Allüren aber mit Berliner Schnauze, eben ein Original – Das Original!

Four Music