Die Cloud Nothings präsentieren eine Hommage an die 70er und 80er. So richtig Lo-Fi, so richtig roh – prädestiniert für den Kassettenrekorder.

Die Voraussetzungen, um sich ein Bild von dieser Band machen zu können, sind recht simpel: Man sollte wissen, dass hinter dem Namen der 19-jährige Dylan Baldi steckt. An zwei Wochenenden setzte er sich in den Keller seines Elternhauses in Cleveland, Ohio, und nahm ein paar Songs auf. Dafür hatte er lediglich ein simples Mikrofon und seinen Computer. Dementsprechend klingen die Songs auf „Turning On“: So Lo-Fi wie nur möglich, schrammelig und sympathisch billig produziert. Trotzdem extrem einprägsam und sprudelnd.

Als Schüler hat man nunmal nicht viel Geld für teure Produktionen, daher greift man auf bewährte Amateurtechnik zurück. „Bevor ich das College abgebrochen habe, war mein Hauptfach ‘Tonaufnahme’. Bei den Aufnahmen meiner Songs habe ich nichts genutzt, was ich gelernt habe“, erzählt Dylan Baldi im Interview mit einem US-Musikmagazin. Die Songs auf „Turning On“ sind eine Kollektion von Titeln, die er schon auf zahlreichen Singles, EPs und Kasetten über verschiedene Labels veröffentlicht hat. Nun packt Carpark bzw. Wichita Records 13 Tracks zusammen auf ein Album. Der Sound ist geblieben: Kellerstudio, Mikro, PC, wenige Effekte, Stimme und Gitarre im Vordergrund. Die Songs versprühen den Charme von Do It Yourself, etwa von ‘egal wie es klingt, das muss jetzt mal raus’. Sie klingen, als höre man sie nur von weitem, als stehe man in der Küche und Dylan Baldi säße hinter einer Tür im Keller und spielte seine Songs. Dabei haben die Tracks aber eine ungemeine Dynamik. Baldi schreibt keine verschlafenen Singer/Songwriter-Liedchen auf seiner Akustikgitarre. Mit jugendlichem Tatendrang spielt er seinen fusseligen, schlagkräftigen Garagen-Pop, quasi eine poppigere Version der frühen Strokes.


Neben dem oberflächlichen Lo-Fi-Krach der 13 Songs auf „Turning On“, stecken aber auch packende Melodien mit Persönlichkeit. Und diese Person, die dahinter steckt, scheint recht clever zu sein. Baldi spielte schon in vielen Bands in seiner Heimatstadt Cleveland. Sein eigenes Zeug nahm er auf und veröffentlichte es unter verschiedenen Künstlernamen im Internet. So machte er es auch mit Cloud Nothings: Er erstellte sich ein MySpace-Profil, fügte ein paar Blogs als Freunde hinzu und die Blogosphäre ging förmlich ab auf seine Tracks. Die ersten acht Songs wurden dann unter dem Titel „Turn It On“ auf 50 CDs und 100 Kasetten veröffentlicht. Für die Live-Auftritte suchte sich Baldi ein paar Freunde, die aber alle älter sind als er. Seine eigenen Kumpels gehen eben noch zur Schule.

Cloud Nothings – “Hey Cool Kid”

Trotz oder gerade wegen Baldis jungem Alter, hat „Turning On“ aber eine ansteckende Energie. Vor allem beim Song „Hey Cool Kid“ will man immer wieder auf „Repeat“ drücken. Der Track macht einfach die ganze Strophe zum Refrain mit einer verspielten Melodie und sarkastischem Text: „Hey cool kid/ Hey cool kid/ Why don’t you want anyone around/ … Oh you’re such a cool kid.“ Ähnlich lebhaft poltert das Titelstück „Turning On“ oder der gerade einmal zwei Minuten lange Song „Can’t Stay Awake“ daher. Ruhige Töne versucht Dylan Baldi zum Beispiel mit „Water Turns Back“ anzuschlagen. Seine Stärken liegen jedoch eindeutig in den Up-Tempo-Nummern. So sei einem der ausnahmsweise basslastige Titel „You Are Opening“ sehr ans Herz gelegt. Der wohl härteste Song der Platte ist „I Am Rooftop“, bei dem Baldi sehr statisch und abgehackt singt und dabei eine Menge Krach mit seinen Gitarren produziert.

So Lo-Fi wie jetzt werden Cloud Nothings sicher nicht bleiben. Dylan Baldi hat noch viele Ideen, die er mit dem jetzigen Sound nicht umsetzen kann, wie er sagt. Feinheiten lassen sich da eben kaum unterbringen. Momentan arbeiten Cloud Nothings an einem richtigen Debütalbum, produziert von Chester Gwazda (Future Islands, Dan Deacon). Es bleibt zu hoffen, dass die neuen Songs trotz verbessertem Soundgewand den Charme dieser Platte beibehalten.

Laureen Kornemann


: 22.10.2010

Label: Wichita

Tracklist:

01. Can’t Stay Awake
02. Old Street
03. You Are Opening
04. Turning On
05. Hey Cool Kid
06. Water Turns Back
07. Whaddya Wanna Know
08. Real Thing
09. Strummin’
10. My Little Raygun
11. I Am Rooftop
12. Morgan
13. Another Man