Die Diskussion ist eine altbekannte. Was ist mehr wert: Kino, das unterhalten will, oder Kino mit politischem Anspruch? Wenn man einmal ehrlich ist, lässt sich die Frage natürlich nur individuell beantworten, denn schließlich muss jeder selber wissen, was er sehen möchte und wofür er die immer horrender werdenden Eintrittspreise bezahlen möchte.

In dieser Woche allerdings ist der Aufeinanderprall von politisch oder künstlerisch anspruchsvollen Filmen auf der einen Seite sowie hochgradig albernen und einfach zerstreuenden auf der anderen dermaßen heftig, dass man sich schon mal wieder wundern muss, wie unterschiedlich cineastische Geschmäcker doch sein können.
Nehmen wir zum Beispiel „World Trade Center“ von Oliver Stone. Viel politischer als ein Film über den 11. September kann Kino momentan ja kaum sein, weswegen über dieses Drama auch schon seit Monaten überall geschrieben und gesprochen wird. Herr Stone war mal, lange vor seinem Langweiler „Alexander“, bekannt für brisantes, provokatives Kino mit reichlich Diskussionspotential, ob es nun um Politiker wie „JFK“ oder „Nixon“ ging, um blutrünstige Mörder in „Natural Born Killers“ oder natürlich das ewige Trauma Vietnam. Da ist es beinahe schon ironisch, dass sich seine Geschichte von zwei Hafenpolizisten, die in den Trümmern der titelgebenden Türme überleben, als hochgradig naiver Schmonz entpuppt.

Adam Sandler dagegen enttäuscht in „Klick“ keine Erwartungen, was allerdings auch daran liegen könnte, dass er erst gar keine geweckt hat. Der angebliche Komiker hat sich ja schon immer bestens aufs Unterhaltungskino verstanden und liefert deswegen auch hier genau das ab, was man erwartet: Schenkelklopfer von, mit und für männliche, heterosexuelle Riesenbabys. Die Geschichte handelt von einer Fernbedienung, mit der Herr Sandler sein eigenes Leben kontrollieren kann, was im Endeffekt natürlich negative Nebenerscheinungen hat. Darin liegt dann auch der einzige Unterschied zu seinen früheren Filmen: der Mann wird älter, der Bauch dicker und deswegen hat seine Komödie jetzt noch auch eine familienorientierte Botschaft. Und David Hasselhoff als dauergeilen Sexisten-Boss!

Das vollkommene Kontrastprogramm bietet derweil „The Take – Die Übernahme“. Das ist ein Dokumentarfilm über die katastrophale Wirtschaftskrise in Argentinien und ein – durchaus angebrachtes – Pamphlet für Globalisierungsgegner. Es wundert daher nicht, dass für dieses ehrenwerte, aber spröde Machwerk neben Regisseur Avi Lerner noch jemand anderes verantwortlich war: Naomi Klein, Autorin von „No Logo“ und Pin Up-Girl aller Attac-Anhänger.

Der Sprung zurück nach Hollywood und damit in den seichten Kino-Alltag ist schnell getan, idealerweise mit „Bierfest“. Die einzigen Abgründe, die es hier zu erwarten gibt, sind die des guten Geschmacks. Der Titel ist Programm: zwei amerikanische Brüder kommen zum Oktoberfest, um die Asche ihres Opas zu verstreuen und kampfzusaufen. Ob dabei die Deutschland-Klischees der Amis bestätigt oder gerade parodiert werden, ist allerdings eine Frage, die für diesen schlichten Film schon viel zu hochtrabend ist.

Aber noch einmal zurück zum eingangs erwähnten Widerspruch. Den gibt es in dieser Woche nämlich sogar in Jugendfilmen zu beobachten. Hierzulande werden Tim, Karl, Klößchen und Gaby losgeschickt, um im Kino für gute Stimmung zu sorgen. „TKKG“ also… Gibt’s die Bücher und Kassetten heutzutage immer noch? Oder schielt der Film auf die nostalgische Generation Golf? Keine Ahnung, aber im Zweifelsfall dürfte er weder die modernen Kids von heute noch die altmodischen von damals wirklich zufrieden stellen. Vielleicht macht es da der wunderbare türkische Regisseur Kutlug Ataman besser, der in „Zwei Mädchen aus Istanbul“ ebensolche ein bisschen erwachsen werden lässt, was nicht nur interessanter, sondern auch sexier ist, als es der spröde Titel vermuten lässt.

Doch kommen wir endlich zu den beiden Highlights der Woche, die dieses Mal bis zum Schluss aufgehoben wurden. Und natürlich sind das ausgerechnet die beiden Filme, die Anspruch und Spaß gleichzeitig bieten. Da wäre einmal „Dorian Blues“, die lustigste, ehrlichste und sympathischste Coming Out-Geschichte, die das amerikanische Queer Cinema in letzter Zeit so zu bieten hatte.

Und außerdem „Science of Sleep“, der wunderbare neue Film des absolut großartigen und völlig durchgeknallten Michel Gondry. Hier schickt er den fantastischen Gael Garcia Bernal nach Paris, wo es nicht nur ein erträumtes Fernsehstudio aus alten Eierkartons, sondern auch die hinreißende Charlotte Gainsbourg als Nachbarin gibt. Und bevor mir keine Adjektive für diesen schrägen, verspielten und bezaubernden Film einfallen, sage ich: Ab ins Kino und bis nächste Woche!