Ich glaube, ich werde die Geister, die ich rief, so schnell nicht mehr los. Da bespricht man einmal mit Scarlet Sohos “Warpaint” ein 80er-lastiges Synthiepop-Album und befindet es für gut, und schon gilt man in der Redaktion als der Experte für alle Bands, die nur annähernd nach dem vorletzten Jahrzehnt klingen. So wurde mir auch das Album von frYars mit einem Lächeln und einem “Das ist sicher was für dich” in die Hand gedrückt. Nach den ersten Klängen von “Dark Young Hearts” war klar: Ein neuer Fall für den 80er-Experten – Eric, übernehmen Sie!
Denn schon beim Opener pumpt der Beat und fiepen die Synthesizer wie bei einem Visage-Song. Dazu noch ein bisschen Klavier, und der New-Romantic-Track ist perfekt. Was schon hier auffällt und sich über das gesamte Album hinzieht: Die enervierend affektierte Stimme des 20-jährigen Engländers Ben Garrett, der sich hinter dem Synonym frYars verbirgt. Nichts gegen eine gewisse Theatralik in der Stimme, doch nicht Jeder (und Garrett erst recht nicht) ist Brandon Flowers von den Killers, der den schmalen Grat zwischen angenehm und überkandidelt ohne Fehltritt zu gehen weiß. frYars wiederum stürzt bei fast jedem gesungenen Wort in die Übertreibung ab, ohne dass dies den Songs zu Gute kommt – im Gegenteil. Ein weiterer Minuspunkt von “Dark Young Hearts” ist die neben den 80er-Referenzen dominierenden Vaudeville-Klänge, die so gar nicht zu den Beats und Synthie-Sounds passen wollen.

So wirkt das gesamte Album wie ein verkrampftes, Möchtegern-innovatives Werk, das mit aller Macht die gewisse Andersartigkeit will – und scheitert. Denn alle genannten Ingredienzien verbinden sich nicht zu einem homogenen Ganzen, sondern existieren nebeneinander, ohne sich irgendwie gegenseitig befruchten zu können. Auch die Mitarbeit von Depeche Modes Dave Gahan bei der Single “Visitors” kann nichts retten – nicht zuletzt, weil man seinen Gesang fast nicht wahrnimmt, so sehr ist er in den Hintergrund gemischt.
“Dark Young Hearts” kann selbst mir als angeblichem Synthiepop-Experten keinen Beifall entlocken – zu aufgesetzt und gewollt ungewöhnlich wirkt die gesamte Herangehensweise des Albums. Und jetzt werde ich mal die CD wechseln und ein Ramones-Album einlegen…