Immer neue junge britische Rock-Bands entern das europäische Festland. Doch all zu oft entpuppt sich das nächste große Ding als weiterer Kurzzeit-Hype, der nach der ersten Hitsingle zerplatzt wie eine Seifenblase.

Auch Good Shoes aus Morden/London sind eine Band, bei der zunächst alle Alarmglocken läuten. Die vier schlaksigen Jungspunde unterschrieben nur ein paar Monate nach Bandgründung und wenigen Konzerten ihren ersten Plattendeal, tourten daraufhin mit Be Your Own Pet, Art Brut, The Long Blondes und Shout Out Louds, um anschließend mit den Produzenten Franz Ferdinands und der Cardigans ihr erstes Album ‘Think Before You Speak’ aufzunehmen. Die ersten Singles charteten dank Unterstützung von NME und massivem Airplay prompt. Ihr leicht kantiger, schrammeliger Garagen-Sound und der zwischen Exzentrik und Indifferenz schwankende Gesang von Sänger Rhys trifft den Nerv der Zeit und das Lebensgefühl nicht nur britischer Teens. Wohl auch deshalb, weil Good Shoes fast selbst noch welche sind.

Beim Interview mit motor.de sitzen sie in den zwingenden Slim-Fit-Jeans und bunten Humana-Sweatern am Konferenztisch ihrer deutschen Labeldependance, futtern Süßigkeiten, reißen ununterbrochen schmutzige Witze und wirken, wie vier Jungs auf Abenteuerurlaub. Am Abend zuvor absolvierten sie ihren ersten Deutschland-Gig und sind am Tag danach ziemlich zufrieden. “Wenn man bedenkt, dass es unser erstes Konzert hier war und wir in Deutschland noch keine Platte veröffentlicht haben, können wir uns absolut nicht beschweren”, resümiert Sänger Rhys rückblickend. Richtig euphorisch werden die Jungs jedoch erst beim Thema Sightseeing. Bassist Joel zieht begeistert eine orange Plastiktüte hervor: “Ich mag diese ‘Kleinen Preise’.” Gemeint sind damit nicht die im Vergleich zu London geringen Lebenshaltungskosten in Berlin, sondern die Werbemaskottchen eines großen deutschen Discount-Supermarkts. “Die haben einen tollen Sinn für Style.” Joel zeigt auf einen lächelnden “1,99”-character und fügt hinzu: “Das könnte genauso gut ein wirklich cooles Underground-Design sein.”

Video Never Meant To Hurt You

Einen Sinn für Ästhetik haben Good Shoes also. Wenn auch einen zweifelhaften. Folgerichtig gestalten sie ihre Cover selbst und lassen sich auch in anderen Bandbelangen ungern reinreden. DIY schön und gut. Aber wie passt dazu bitteschön die Zusammenarbeit mit zwei der derzeit gefragtesten Produzenten im internationalen Rock-Zirkus? Wurde da nicht doch noch ein bisschen an den Bürschchen gefeilt? Rhys wiegelt ab: “Die Arbeit im Studio hat eigentlich nicht viel geändert. Wenn wir etwas dabei gelernt haben dann das: Gesang und Drums lauter drehen, Gitarre und Bass leiser drehen. Das ist der Schlüssel.” So einfach ist das manchmal.

Doch wo liegt denn nun ihrer Meinung nach der Unterschied zu den anderen üblichen Brit-Rock-Verdächtigen à la Arctic Monkees? Auf diese Frage entgegnet Joel entwaffnend naiv: “Naja, wir sind andere Leute und schreiben andere Songs mit anderen Worten und anderen Noten.” Und Rhys fügt etwas ernster hinzu: “Wir müssen uns nicht auf Teufel komm raus von irgendwem abgrenzen. Ich glaube nicht, dass wir durch irgendwelche Phrasen irgendjemanden drängen wollen, unsere Musik zu hören.” Good Shoes machen einfach die Musik, auf die sie Lust haben, und auch wenn sie damit britischen Indie-Rock nicht unbedingt komplett neu definieren, haben sie ihren eigenen Sound. Der alte Plagiatvorwurf zieht jedenfalls spätestens dann nicht mehr, wenn man die vier äußerst sympathischen und angenehm bodenständigen Jungs einmal live gesehen hat.

Text: Michael Schneider