Der stilistischen Richtung, die heute gerne mit Singer/Songwriter umschrieben wird, haftet seit der ersten Stunde eine gewisse Melancholie an. James Yorkston gilt als Meister dieser Zunft und versucht im Interview, zu seinem neuen Release “Roaring The Gospel” nicht zu klischeehaft rüberzukommen. Ohne großen Erfolg jedoch!
Dabei hat der Schotte allen Grund sich zu freuen: Endlich kann er mal durchatmen, entspannt auf seine Karriere zurückblicken und ein durchaus positives Fazit ziehen. Drei Alben in fünf Jahren hat Yorkston bislang fabriziert und dadurch ein beachtliches Publikum für sich gewonnen. “Musikalisch gibt es kaum etwas zu kritisieren. Mit ‘Roaring The Gospel’ gab mir mein Label nun sogar die Chance, sämtliche B-Seiten und Raritäten veröffentlichen zu können”, erklärt der sympathische Songwriter. Also bitte, Kopf hoch.
Ich würde deine erste Compilation gerne als Anlass nehmen, auch etwas mehr über den Menschen James Yorkston zu erfahren…
James Yorkston: Du kannst mir ruhig jede Frage stellen. Es wundert mich selbst, dass die Leute immer meinen, ich sei verschlossen und unnahbar. Rede nur über meine Musik, mein Songwriting oder wie lange ich im Studio war. (überlegt) Das ist wohl die Krux eines Songwriters, dass er meist als verschlossen gilt?!
In der Biographie auf deiner Webpage steht, du bist ein Kind des Punk gewesen. Dein 2002 veröffentlichtes Debüt “Moving Up Country” spricht aber eine ganz andere Sprache!
James Yorkston: Ich bin in einem kleinen schottischen Bezirk namens Five aufgewachsen. Damals gab es dort nicht viel außer die Fischerei – also haben wir Kids uns selbst beschäftigt und sind immer nach Glasgow gefahren. Irgendwann ist mir dann einmal eine Platte von Adam Ant in die Hände gefallen. Der Typ ist schon ein ziemlicher Freak, aber sein Debüt hat mich sehr beeindruckt. Danach habe ich dann immer mehr Punk gehört: Ramones, Sex Pistols oder auch das Debüt von The Cure mochte ich sehr. Fast alle hörten diese Musik und wir fingen an, dem nachzueifern und schlossen uns zu Bands zusammen. Mit geringem Erfolg! (lacht) Kurz danach habe ich dann bei einem Plattenhändler ein Album von Anne Briggs gehört. Ein Wunder! Zum ersten Mal traf mich Musik wirklich Mitten ins Herz. Jetzt wollte ich ihre Songs nachspielen und mehr über dieses tieftraurige Genre erfahren.
Einen Weg, den viele deiner Kollegen damals einschlugen. Five gilt heute als legendäre Songwriter-Schmiede!
James Yorkston: Das stimmt. Nachdem ich mein Debüt veröffentlichte, zog auch mein Freund Kenny mit seinem Projekt King Creosote nach, und kurze Zeit später gewann KT Tunstall für ihr Album zwei Grammys. Ich glaube, viele haben dieses ruppige Zeug nur gehört, um gegen die dörfliche Idylle von Five rebellieren zu können.
Nach deinem erfolgreichen Erstling, kamen mit “Beyond The River” im Jahre 2004 und dem letztjährigen “The Year Of The Leopard” zwei sehr persönliche Platten von dir heraus.
James Yorkston: Mein letztes Album empfand ich nicht so tiefgehend. Sicherlich sind da auch viele Songs enthalten, die mit mir selbst zu tun haben! Anderseits habe ich bei den Aufnahmen schon bewusst darauf geachtet, dass es nicht wieder passiert. Ich meine, dass die Songs nicht wieder so extrem viel von mir preisgeben wie bei “Beyond The River”. Ich empfinde dieses Album nicht als Fehler, aber es war vielleicht falsch, alle meine damaligen Empfindungen in dieses Album zu packen. (überlegt) Das ist halt das Risiko eines Musikers: Das Privates sich jeder Zeit mit Musikalischen vermischen kann. Deswegen wollte ich früher auch nicht so gerne über meine Songs reden, weil sie in mir sofort gewisse negative Erinnerungen hervorriefen. “The Year Of The Leopard” war dann meine Gegenreaktion. Da habe ich sehr darauf geachtet, dass die Sache nicht zu emotional wird.
Wie sieht es mit “Roaring The Gospel” aus? Betrachtest du diese Compilation als Abschluss eines Kanons, den deine drei ersten Alben bilden?
James Yorkston: Zu den Songs habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Viele Künstler hassen ihre B-Seiten ja regelrecht – ich nicht. Ob es der Abschluss eines Kanons ist, kann und will ich selbst nicht beurteilen. Für mich ist diese Sammlung einfach sehr wichtig, weil sie einen roten Faden vom Beginn meiner Karriere bis zum heutigen Stand der Dinge zieht.
Text: Marcus Willfroth
Tracklist “Roaring The Gospel”:
01. A Man With My Skills (from: Tender To… EP)
02. Someplace Simple (Someplace Simple EP)
03. Blue Madonna’s (St. Patrick EP)
04. Seven Streams (Hoopoe EP)
05. The Hills & The Heath (previously unreleased)
06. Song To The Siren (Surf Song 7″)
07. Moving Up Country, Roaring The Gospel (7″)
08. Blue Bleezin’ Blind Drunk (Sweet Jesus EP)
09. Sleep Is The Jewel (previously unreleased)
10. Are You Coming Home Tonight? (first untitled 7″)
11. The Lang Toun (Extended Version)
12. La Magnifica (Sweet Jesus EP)
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