Einmal ein Träumer, immer ein Träumer. Auch wenn Personen des privaten Umfeldes sicher oft genug mit den tagträumerischen Aussetzern ihres Freundes Jack zu kämpfen haben, der musikalischen Karriere ist seine etwas surrealere Weltsicht sicher nur dienlich. Just Jack beweist, dass man gerne mal vom Wesentlichen abschweifen darf, wenn man dafür aber kreative Prozesse punktgenau mit der Brechstange zu erzwingen versteht. Und dabei muss man nicht einmal ein Rock-Star sein.
Der Grundstein für Jack Allsopps künstlerischen Werdegang wurde schon früh gelegt. Seine umsichtigen Eltern hielten ihm kinderfreundliche Bücher unter die Nase und nahmen den kleinen Jack mit in Galerien und Ausstellungen. Jene musische Grundeinstellung hat sich bis in seine dritte Lebensdekade erhalten und so könnte es durchaus passieren, dass man neben Jack auf einer Parkbank sitzt, ihm von spannenden Aktiengeschäften berichtet, er aber nur über knallgelbe Kastanien sinniert, die lebhaft an ihm vorbeihüpfen. “Ich bin nach wie vor ein Tagträumer. So kommen mir auch oft Ideen für meine Songs. Andere Leute sind natürlich manchmal genervt, wenn ich mitten im Gespräch in andere Sphären abdrifte.”
Beim Hören seines Studio-Neulings könnte man auch ohne diese Zusatzinformation auf die Machenschaften eines phantasievollen Künstlergeistes schließen. Abwechslungsreich und klanglich heiter geht es zu auf “Overtones” und das, ohne jemals eine angestrengte Übermotiviertheit an den Tag zu legen. Beat ist Trumpf und auch an elektronischem Beiwerk wird nicht gespart. Aus HipHop wird HipPop, aus einem ernstzunehmenden “Writer’s Block” die kurzweilige Tanzeinlage “Starz In Their Eyes”. Wie man mit einer temporären Schreiblockade umzugehen hat, will uns Jack im Übrigen auch gleich noch verraten. “Klar habe ich öfter mit akutem Ideenmangel zu kämpfen. Jeder kreative Geist muss da ab und zu mal durch. Ich denke aber, dass man das Ganze auch erzwingen kann. Im Grunde ist ja nichts in diesem Prozess natürlich. Man setzt sich nicht einfach hin und schreibt Musikstücke, ohne intensiv darüber nachzugrübeln. Ich denke, Sachen, die es wert sind, erfordern einfach eine gewisse Anstrengung.” Jack Allsopp ist ganz offensichtlich eine ehrgeizige Person. Und mit seiner herausragenden Beobachtungsgabe vermag er aus fast allen weltlichen Eindrücken einen neuen Song zu stricken. “Ich könnte sicher darüber schreiben, wie ich heute morgen total kaputt aufgewacht bin, eine Brücke überquerte, einen obdachlosen Mann mit seinem Hund gesehen habe oder zum Beispiel über diese netten, federnden Stühle, auf denen wir hier gerade sitzen.”
Dass Jack genau dazu in der Lage wäre, war im Grunde abzusehen. Bevor er sich für die Musikerlaufbahn entschieden hatte, widmete sich der junge Londoner nämlich noch widerwillig einem Studium des Produkt- und Möbeldesigns. “Hätte meine Mutter keinen Druck gemacht, dann wäre die Sache niemals glimpflich mit einem Abschlusszeugnis beendet worden. Doch auch wenn ich es im Endeffekt durchgezogen habe, mir fehlt einfach das Interesse an diesem Beruf. Ich meine, unterm Strich sind Stühle nur Stühle und der Kreativität irgendwann Grenzen gesetzt. Bei der Musik ist das anders.” Und auf die Musik konzentriert sich Just Jack nun voll und ganz. Hierbei lässt er sich auch von der allzeit präsenten Medienberichterstattung nicht ablenken. “Ich lese nie, was über mich geschrieben wird. Das interessiert mich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich keine 18 mehr bin, aber ich stehe da drüber. Ich bin einfach nicht ‚Rock’n’Roll’! So ist das. Ich finde es auch albern, wenn Künstler nur wegen den Stimmen von außen berühmt werden. Ein Musiker sollte über das Radio auf seine Songs aufmerksam machen und nicht zum rasant verglühenden Hype-Objekt werden, bloß weil irgendein Modedesigner sich vor überdrehter Begeisterung nicht mehr beherrschen kann.” Ja, so ist er – unser Jack. Grundsolide und hyper-kreativ zugleich. Er weiß, an welchem Ende es sich zu sparen lohnt, um schlussendlich nicht den langen Atem für die wesentlichen Dinge zu verlieren. Und das sind wohl weder Blitzlichtgewitter, noch Inneneinrichtung, sondern nur die Musik.
Text: Christine Stiller
No Comment