Wenn eine Künstlerin nach nur einem Album bereits eine Liveversion des selbigen veröffentlicht, ist erstmal Vorsicht geboten. Doch für Joy Denalane ist ’Mamani Live’ der Abschluss einer Geschichte, die vor zwei Jahren mit der Veröffentlichung ihres Debüts ’Mamani’ begann. Seit dieser Zeit ist sie die Soulstimme Deutschlands, die ihre Stärke in langen Touren und einem wahren Interview-Marathon unter Beweis stellen musste. Bevor sie nun endlich zu neuen Herausforderungen aufbrechen kann, möchte sie dieses erste Kapitel nun mit einem Knall beenden – und das ist ihr gelungen.
Stimmlich weiter gewachsen, hat sie im Berliner Tränenpalast nicht nur ihre eigenen Stücke neu interpretiert, sondern z.B. auch Klassiker wie ’Loverman’ oder ’Sign O’ The Times’ ins Set eingebaut. „Ich finde, dass das beides tolle Songs sind. ’Loverman’ ist im Jazz eingebettet, aber ich wollte nie in die Jazz-Ecke gedrängt werden und habe deswegen einen Drummer dabei, der sehr modern spielt. Und das Stück von Prince habe ich ausgewählt, weil er eines meiner Vorbilder ist. Schön fand ich daran, dass ’Sign O’ The Times’ sehr karg produziert ist.“
Obwohl sie ihm Gespräch vor allem die musikalischen Aspekte betont, sollte auch bedacht werden, dass ’Sign O’ The Times’ außerdem ein sehr gesellschaftskritisches Lied ist, dessen Inhalt leider aktueller denn je ist („In France, a skinny man died of a big disease with a little name/By chance his girlfriend came across a needle and soon she did the same“). So ist z.B. der bewusste Umgang mit AIDS rückläufig. Safer Sex wird immer weniger angewandt und die Infektionsrate bei Heterosexuellen steigt.
Als begleitende Single zur Veröffentlichung der Live-CD und Live-DVD hat Joy aber ’Höchste Zeit’ ausgewählt. „’Höchste Zeit’ war immer schon ein Song, den ich gerne auskoppeln wollte. Darüber musste ich gar nicht lange nachdenken. Es gibt Stücke, die von meiner und der Band-Performance besser geworden sind, aber ’Höchste Zeit’ war mir wichtig, da das Thema quasi immer aktuell ist.“ Denn ’Höchste Zeit’ ist ebenfalls ein gesellschaftskritisches Stück, das in ihrem Mikrokosmos der Musikwelt beginnt und sich dann für alle anderen Ebenen öffnet. Darin heißt es z.B. „Sagt mir, was unsren Söhnen und Töchtern bleibt/ Steht auf, es ist höchste Zeit“. Zeit, wieder Verantwortung zu übernehmen und sich stärker zu engagieren – in der Musik und der Gesellschaft!
Text: Holger Köhler
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