“Das wurde uns schon bei der “Heute wird gewonnen, bitte”-Platte vorgeworfen. Wenn die härter gewesen wäre, hätte die sich doppelt so gut verkauft!”
Was Muff Potter-Chef Thorsten Nagelschmidt etwas angepinkelt auf die Anspielung antwortet, er und seine Mitspieler hätten doch schon wieder ein CD gemacht, die sich nach Indie-Pop für die Familienfeier und Am-Ende-doch-Bürgerlichkeit und Tomte anhört, ist absolut richtig. Die früher noch so ganz ohne Rücksicht umhergewirbelte Deutschpunk-Peitsche haben die Jungs aus Rheine bei Münster wieder einpackt. Zwölf Jahre lang brauchten sie nicht mal das liebe Indie-Label, fünf DIY-Alben schafften es auch so. Ihr neues, das zweite seit dem Major-Deal mit Universal, heißt “Steady Fremdkörper” und klingt ganz schön dolle nach – genau: Thees Uhlmann. Zwar haben Muff Potter sich nie ernsthaft vorgenommen, wie der Mann vom Grand Hotel van Cleef möglichst hart über tausend und eine Liebelei zu zwitschern. Aber was ‚Nagel’ da singt, auch gerne mal die ein oder andere Phrase in Englisch reindrückt (“Seit Falco tot ist, muss ja irgendwer diese Tradition fortführen, mit Deutsch und Englisch!”), das ist aus der Hamburger Turnjacken-Schule. Tocotronic-Weltuntergänge inklusive. Sie seien lediglich Fans von den einzelnen Protagonisten in der alten Hanse, fühlen sich dann “doch eher als der Gegenwert dazu.” “Ich schrei’ in Mikrophone/ Und ich tippe um mein Leben/ Und manchmal bin ich sicher/ Ich hab’ mein Bestes schon gegeben/ Den Finger noch am Abzug/ Aber das Pulver längst verschossen!”, wird sich in “Das halbvolle Glas des Kulturpessimismus” Muff Potter-mäßig charmant hinterfragt. Das wollen die alten Hörer, das mussten sie beibehalten, ein paar lautere Gitarren auch. Und obwohl sie immer älter werden, die Nische der Subkultur abgehakt und noch kein hundertprozentiges Zuhause gefunden haben, würden sie sich so schnell und leicht nicht in komplett kommerzielle Arme werfen und zur Ruhe kommen. “Genau deswegen, weil wir außer der Musik nichts anderes können, stehe ich solchen Sachen wie Auftritten bei TOTP echt kritisch gegenüber. Das einzige, was wir als Band haben – wir sind keine begnadeten Musiker – sind unsere Euphorie und unser Bock. Wenn wir den auf’s Spiel setzen, mit irgend so einem Scheiß, dann sind wir total gefährdet. Wir sind halt Autodidakten aus’m Dorf!”

Text: Erik Brandt-Höge