Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Wenn man alle Schatten zusammennähen würde, die PAULA-Lieder auf die heutige Generation von deutschsprachigen Popsongs geworfen haben, hätte man einen großen, großen Schatten.
Denn „ALS ES PASSIERTE“, passierte es, dass um PAULAS erstes Album „HIMMELFAHRT“ ein seltsam schöner Kult entstand und das zweite, „LIEBE“, als auch das dritte, „WARUM BERLIN“, ließen diesen noch anschwellen wie einen Luftballon, der fortan aus vielen Fenstern heraushing und -klang. Nun ist es höchste Zeit, die Legende von PAULA fortzuführen.
Damals ist PAULA mit Maschinen und Melodien groß geworden, nun kehrt sie ohne Maschinen, dafür aber mit viel Melodie und noch mehr Rock zurück. Und, wie eines der zentralen Lieder der neuen Platte verkündet, mit „Veränderung“. Aber der Reihe nach: Zunächst legten Elke und Berend nach der letzten Platte eine Pause ein und widmeten sich diversen anderen musikalischen Dingen. B beschloss schließlich PAULA zu verlassen, so sehr hatte er sich an die neuen Dinge gewöhnt. Aber wie das so ist, wenn man etwas lieb gewonnen hat. Kaum zur Tür raus klingelt man und sagt, man habe den Schlüssel vergessen. Schon sitzt man beim ersten Kaffee wieder zusammen und pfeift unschuldig neue Lieder vor sich hin. B also überlegte, murmelte, E rieb sich wie einst Wicki die Nase, rief Ich hab’s und beide fassten den Plan, dass B weiter seine Songs mit dem unwiderstehlichen Blick auf die Dinge beisteuern und auch die nächste Platte produzieren könne, ohne dabei Bandmitglied zu sein.
Aber noch bevor das Konfetti den Boden berührte, fassten beide den Entschluss, dass es Zeit sei für noch mehr Veränderung und – schon war der erste Song im Kasten. B’s Augenbrauen berieten sich und heraus kamen unter anderem wunderbare Oden an das Leben, Texte zwischen spektakulär unprätentiöser Ironie, leichtem Schmerz und aufbauendem Trübsinn, sprich einem Blick auf die Welt wie nur B ihn formulieren und E ihn singen kann.
All das fühlte sich gut an. Man lud befreundete Musiker ein, sie sollten einen großen Turnbeutel voller Songs mitbringen und dann wählte man zielsicher aus vielen Murmeln die kleinen Pop-Perlen aus. Schon bald wachte man eines Morgens mit den Worten „Wann wird’s endlich grün?“ auf und merkte: „Ruhig Blut“, alles wird gut. Ganz stolz ließen Halleluja Ding Dong Happy Happy (ja, die leider verblichene HH-Band) und der dünne Mann (Viktoriapark) ihre Liederkinder in die fremde Obhut und winkten ihnen freudig mit einem großen Taschentuch hinterher.
Und auf einmal schwenkten alle Texte Zaunpfähle, die Worte reckten ihre Fäuste in die Luft und der ganze Raum stand voller Metaphern, die für dieses neue PAULA-Zeitalter symptomatisch waren. Wen wundert es da, dass die erste Single „Es kommt immer alles anders“ und das Album schließlich wie das Eröffnungslied „Ruhig Blut“ getauft wurden?
Die Kirsche auf dieser neuen Torte wurde schließlich eine inzwischen auch auf der Bühne lieb gewonnene Zeremonie: ein Lied in französischer Sprache, verfasst und intoniert von dem (alten und) neuen Zentrum von PAULA: Elke! Und pünktlich zur neuen Platte hat dieses Zentrum eine fast komplett neue Band um sich geschart, die nur darauf wartet, dass drüben aus den Büschen jemand leise „Los“ wispert.
Mit viel frischem Blut steht PAULA also wie einst Dornröschen auf, wappnet sich mit einem musikalischen Bienenschwarm in Form von Arne Ghosh (Bass, Keys, Schlagzeug), Patrick Arp und Thomas Hessler (Gitarre) und Schlagzeuger Nils Oljenczak, und rockt, als wäre Popmusik ein Märchen, das von deinem Leben erzählt.
Und so verlässt PAULA ihr frisch renoviertes Haus und zieht im Herbst des Jahres 2005 hinaus in die Welt, um ihre eigene und viele andere Geschichten zu erzählen. Und wenn sie abends vor den Auftritten etwas zu aufgeregt ist, legt sie das Kinn auf die Brust und murmelt: Ruhig Blut!
paula-musik.de
No Comment