Dass Dänemark musikalisch längst kein Geheimtipp mehr ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Die neueste Bestätigung der Vielfältigkeit und Stilsicherheit unserer Nachbarn sind VETO. Die fünf jungen Männer aus Dänemarks zweitgrößter Stadt Arhus, frönen auf ihrem zweiten Album den Bässen, als gäbe es keinen Morgen nach der Nacht im Club. Tinnitus inklusive. Ausgeklügelte Riffs, die Synthies an den richtigen Stellen und der Gesang von Troels Abrahamsen verhindern dennoch, das „Crushing Digits“ in die Elektronik-Ecke abgeschoben werden kann. Am 19. September wird der Silberling erscheinen, Grund genug VETO zum Interview zu bitten. Wir sprachen mit VETO-Gitarrist David Krogh Anderson über dänische Musikförderung, das deutsche Publikum und natürlich Musik.

 

Euer Name, VETO, hört sich in meinen Ohren irgendwie politisch an. Was hat es damit auf sich? Habt ihr einen politischen Zugang zu Musik?
David: Nein eigentlich nicht. Es hat an sich nichts mit Politik zu tun. Zu aller erst hatten wir den Namen für unser erstes Album und dann eine Menge Namen für uns. Aus denen haben wir einfach diesen ausgesucht. Er passt einfach am besten zu der Art wie wir Musik machen, aber wir sehen uns nicht als politische Band. Wir sehen uns als eine demokratische Band. Wir schreiben alle unsere Sachen zusammen und wenn einer von uns nicht mag, was wir tun, dann sagt er das und wir lassen die Idee fallen. Also eigentlich sind wir keine politische Band aber wenn Leute politische Statements in unsere Lyrics lesen, dann ist das ihre Sache. Es ist jedenfalls nicht das, was wir mit der Musik bezwecken wollen.

Jetzt mal zur eurer Musik selbst. Welche Einflüsse habt ihr? Die Musik hört sich ein bisschen so an, als würdet ihr aus verschiedenen Richtungen kommen und werft alles zusammen…
David: Ja genau so funktioniert das bei uns. Wir sind sehr verschiedene Persönlichkeiten und haben alle einen sehr unterschiedlichen musikalischen Hintergrund. Einige von uns haben vorher zusammen in einer Band gespielt, andere nicht. Das ist auch einer der Gründe, warum wir die Musik zusammen schreiben. Wir sind alle sehr verschieden und wenn wir im Studio zusammen kommen, um neue Songs zu produzieren, dann ist man schon mal überrascht, was der Drummer oder der Bassist gerade spielt. Wir haben immer sehr unterschiedliche Herangehensweisen und Erwartungen an die Musik.

Und trotzdem klingt das alles ziemlich aus einem Guss. Habt ihr dann vielleicht eine bestimmte Vorstellung im Hinterkopf, wie das ganze klingen soll?
David: Ich weiß nicht. Wir reden viel über Musik und Energie und Gefühle, wenn wir schreiben und aufnehmen. Eigentlich versuchen wir nur diese Dinge in unsere Musik zu packen.

Eure Musik hat ja schon einen sehr elektronischen Unterton und klingt eher nach Großbritannien und weniger wie andere dänische Bands, die mir spontan in den Sinn kommen. Also ich denke da an Nephew und die Figurines.
David: Es ist nicht so, als wäre das unser Ziel gewesen. Als wir die Band gegründet haben, einigten wir uns darauf, einfach nur Musik zu machen, die wir selbst hören und spielen wollen. Wir haben uns da nicht an irgendwelchen Genres, Bands oder Ländern orientiert. Wir wollten einfach nur von vorn anfangen und Musik machen, die einen Sinn für uns ergibt. Wir sehen dabei weniger nach britischen oder amerikanischen Bands. Oder nach Indie, Wave oder den ganzen Sachen. Wir versuchen einfach nur zu tun, was wir tun wollen.

Schweden hat eine staatliche Einrichtung, die sich darauf spezialisiert hat, Künstler zu fördern. Auch in finanzieller Hinsicht. Und ich habe auch gehört, dass es etwas Ähnliches in Dänemark gibt.
David: Ja, die gibt es hier auch. Wir haben etwas, das sich „Musik Export Dänemark“ nennt. Das ist eine Organisation, die vom Staat gestützt wird, um Musikern zu helfen ins Ausland zu gehen und Konzerte spielen zu können. Sie organisieren auch die dänische Nacht auf der Popkomm und solche Sachen.

Das erleichtert das Musikmachen schon irgendwie, nicht?
David: Also wenn es ums Touren im Ausland geht, auf jeden Fall. Es ist schon sehr hilfreich. Wir gehen im September auf Tour durch Europa, natürlich auch nach Deutschland, und sie haben uns eine Menge Geld dafür gegeben. Aber es ist nicht so als würden sie uns jeden Monat einen Gehaltsscheck zukommen lassen.

Kann eigentlich jeder Musiker/Band zu dieser Stelle gehen und Förderung beantragen?
David: Ja prinzipiell schon. Sie unterstützen alle Arten von Musikern, also auch klassische Acts. So an sich unterstützen sie alle Musikrichtungen und Künstler. Man muss ihnen nur vorher Material zeigen und ein paar Zeilen schreiben, warum man das tun möchte, wie man es tun möchte und was der Grund für den Trip ist.

Habt ihr zuvor schon mal in Deutschland gespielt?
David: Ja, wir haben einige Gigs 2006 gespielt und letztes Jahr waren wir auf der Popkomm.

Und wie hat euch das deutsche Publikum gefallen?
David: Es ist sehr nett. Wir hatten schon immer viel Gutes über das deutsche Publikum gehört und ich muss sagen, ich finde es cool, dass die Leute auch unter der Woche weggehen, um Livemusik zu hören. Also an einem Mittwoch oder Donnertag oder so.

Ist das in Dänemark nicht so?
David: Vielleicht bei großen, ausländischen Bands. Aber für dänische Bands ist es schon schwer Publikum zu bekommen, an einem Mittwoch. Es ist sehr sehr cool, dass die Leute in Deutschland unter der Woche ausgehen und sich betrinken (lacht).

Ich finde das eher ungewöhnlich ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es seltsam ist, unter der Woche wegzugehen. Woran liegt das in Dänemark deiner Meinung nach?
David: In Kopenhagen gehen die Leute bestimmt auch unter der Woche weg, aber sobald du Kopenhagen verlässt, sind die Städte einfach klein. Zu Klein. Also die größte Stadt gleich nach Kopenhagen hat gerade mal 200 000 Einwohner. Und da wohnen auch nicht viele junge Leute. Jeder lebt heutzutage in Kopenhagen oder studiert dort.

Eure Chance den Dänen einmal mehr zu beweisen, was deutsche Coolness ist, habt ihr im September. Da kommen VETO auf Deutschland-Tour und spielen fast ausschließlich unter der Woche.

VETO on Tour:

10.09.2008 München “Free And Easy Festival” – Backstage

19.09.2008 Hamburg, Prinzenbar

20.09.2008 Irhove, Club limit

21.09.2008 Köln, Underground

22.09.2008 Erfurt, Stadtgarten

24.09.2008 Frankfurt, Elfer

Anna-Christin Voigt