Überraschung spielt im Bereich der Kunst eine entscheidende Rolle. Schon mal ausgemalt, wie es sich anhören könnte, wenn der jüngere Bruder von “The Cure”-Enfant Terrible Robert Smith zu den französischen Genialisten von “Daft Punk” stoßen würde?

Willkommen in der musikalischen Manege von VHS OR BETA!

Craig Pfunder (Sänger/Gitarrist), Zeke Buck (Gitarrist), Mark Palgy (Bassist) und Mark Guidry (Drummer) bewegen sich bei ihrem Drahtseilakt aus Rock und Dance mit so atemberaubender, spielerischer Leichtigkeit, dass einem selbst bei den größten Kapriolen nie der Gedanke kommt, sie könnten einen falschen Schritt machen und dabei gehörig auf die Schnauze fallen.

Der Grund: VHS OR BETA können sich aus einer reich gefüllten Schatzkiste musikalischer Herzensangelgenheiten bedienen. 1997 in Louisville, Kentucky gegründet, war die Band anfangs geradezu besessen vom Indie-Noise-Rock dieser Zeit. “Skin Graft Records, West Coast-Noise, dieses ganze Northeast-Ding mit Bands wie ARAB ON RADAR, die Chicagoer Szene mit U.S. MAPLE, japanische Noisecore-Bands wie MELT BANANA, und natürlich SONIC YOUTH”, beschreibt Craig die frühen Einflüsse. In diesem Stil veröffentlichten VHS OR BETA Ende der 90er zwei obskure EPs, wobei die zweite Veröffentlichung mit dem Titel “Clear” bereits eine Hinwendung zu anderen Sounds andeutete. “In den Kritiken war damals zu lesen, wir wären eine Mischung aus KRAFTWERK und GANG OF FOUR. Mittlerweile klingt doch fast jede Band so!”, sagt Craig lachend.

“Night On Fire” markiert für VHS OR BETA einen ebenso bedeutenden Schritt nach vorn, wie ihn der Vorgänger “Le Funk” im Jahre 2001 bereits zum Indie-Geschrammel ihrer Frühwerke darstellte. “Le Funk” wurde wegen der darauf enthaltenen frankophilen Arschwackel-Animierer von der Presse in höchsten Tönen gefeiert. In diesem scheinbaren Widerspruch der Stile gewinnt auch der ungewöhnliche Bandname an Kontur. “Eigentlich haben wir VHS OR BETA gewählt, weil der Name so kitschig klang. Aber er symbolisiert auch den scheinbar immerwährenden Kampf zwischen Alt und Neu, zwischen Rock und Dance Musik”, erklärt Craig. “Wir wollen zeigen, dass sich die Strömungen gegenseitig bereichern, und dass heute eigentlich keine Richtung ohne die andere existieren kann.”
So ist das Songwriting auf “Night On Fire” ist im Vergleich zum Vorgänger deutlich präziser, gleichzeitig aber auch experimenteller ausgefallen, und die beiden Co-Produzenten Adam Dorn (aka Mocean Worker) und Martin Brumbach sorgten für einen vollen und ausgereiften Sound. Außerdem arbeiten die Mannen von VHS OR BETA auf “Night On Fire” erstmals mit Gesang.

In der VHS OR BETA-Arena der unbegrenzten Möglichkeiten werden die großen Vorbilder jedoch nicht verschämt verleugnet und hinter dem Bühnenvorhang versteckt. Sie werden ins Rampenlicht geholt und mit einer ehrenvollen Verneigung geehrt. Die Hommage an französische Tanzmusik der Mitt-Neunziger
– eine Art Salut an die 3 Ds (DAFT PUNK, DIMITRI FROM PARIS und Disco) – verschmilzt auf “Night On Fire” mit den Mascara-getönten Spuren, die die Musik von DURAN DURAN, NEW ORDER, ECHO & THE BUNNYMEN, PET SHOP BOYS, MADONNA und THE CURE der “Let’s Go To Bed”-Ära bei VHS OR BETA hinterlassen hat.

“All diese Bands, mit denen wir verglichen werden, höre ich schon, seit ich 12 oder 13 Jahre alt war und mir heimlich die Platten meiner älteren Geschwister ‚ausgeliehen’ habe”, gesteht Craig freimütig. “Wir wollten die ganze Sache aber auch nicht so ernst gestalten, dass sie letztlich nicht mehr mit Tanzmusik vereinbar gewesen wäre. Wobei ich damit nicht bestreiten will, dass ein Song eine Aussage haben und dabei trotzdem ein echter Party-Kracher sein kann, der sowohl in Clubs als auch im Live-Kontext funktioniert. Bands wie NEW ORDER und DEPECHE MODE haben ja eindrucksvoll bewiesen, dass man Songs mit etwas düstereren und nachdenklichen Texten machen kann, die dabei trotzdem tanzbar sind.”

So erscheinen auf “Night On Fire” die 80er und 90er vor dem geistig musikalischen Gedächtnis, erinnern an rauschende Nächte und wilde Knutschereien und verbinden sich im Hier und Jetzt mit schicken Dance-Beats und lupenreinem Gitarrenrock in der Manege der großen Emotionen zum Besten von Heute. Applaus, Applaus!